Büro- und Lagergebäude (Haesler)
Büro- und Lagergebäude (Haesler)
Standort | Bahnhofsnähe, südwestlich der Innenstadt
Ekbertstraße 14, 38122 Braunschweig 52° 15′ 08″ N, 10° 30′ 55″ O |
Städtebauliche Einordnung | Solitärbau, d. h. freistehend und optisch abgegrenzt von der Umgebung |
Baujahr | 1929 |
Epoche | Neues Bauen |
Architekt und Ingenieur | Otto Haesler |
Bauherr | Deutscher Einkaufsverband GmbH |
Nutzung | Büro- und Lagergebäude |
Konstruktion | Stahlskelettbau |
Gebäudetyp | Verwaltungsgebäude |
Baumaterial | Stahl, Glas und Beton |
Baubeschreibung
Außen
Der Aufbau des Gebäudes ist symmetrisch und klar strukturiert. Ein vertikales Fensterband dominiert die Front mit dem Eingang auf der Nordseite. Jeweils auf Höhe der drei oberen Geschosse befinden sich zu beiden Seiten des vertikalen Fensterbandes zusätzliche schmale Fenster. Auf dem Vordach des Haupteingangs ist das Firmenlogo der Firma Sigert zu sehen, welches den früheren Schriftzug KURZAG abgelöst hat. Die parallele kurze Südseite ist von der Straße aus nicht einzusehen Früher gab es hier einen Anschluss an die Gleisanlage, daher ist das Hauptgeschoss hier für eine Laderampe um 1,15m gegenüber den oberen Geschossen zurückgesetzt. Außerdem befindet sich auf dieser Seite ein über die Gebäudehöhe hinausragender Aufzugschacht. Dieser diente ehemals auch als Sockel für einen weiteren roten KURZAG-Schriftzug. Die beiden langen Seiten (Ost- und Westseite) des Gebäudes sind weitgehend spiegelbildlich. In ihrer gesamten Länge werden diese Seiten durch horizontal verlaufende Fensterbänder geprägt. In jedem Geschoss gibt es je ein Fensterband: Im Untergeschoss und den drei oberen Geschossen sind diese schmaler als im Hochparterre. An den Fensterbändern lässt sich am ehesten erahnen, dass es sich um einen Stahlskelettbau handelt, da die Fenster in regelmäßigen Abständen von relativ schmalen Streben unterbrochen sind. Die Fensterintervalle sind im Untergeschoss den dahinterliegenden Räumen angepasst. Über dem obersten Fensterband befindet sich heute eine Sonnenblende, welche ursprünglich nicht vorhanden war. An der Ostseite befindet sich im hinteren Bereich ein Seiteneingang, welcher früher als Eingang für die ehemalige Hausmeisterwohnung diente. Ansonsten besitzt das Gebäude eine schmucklose, weiße Fassade.
Innen
Im Folgenden wird die ursprüngliche Innengestaltung beschrieben. Durch den Haupteingang gelangt man über eine breite Treppe in das Hochparterre. Von dort geht eine schmalere Treppe in das Untergeschoss ab. Im Untergeschoss reihten sich auf der östlichen Seite die Räume der ehemaligen Hausmeisterwohnung aneinander. Durch einen separaten Flur waren die westlich gelegenen Mitarbeiterräume wie Garderoben, die Waschküche, ein Essraum, eine Durchreicheküche und im hinteren Teil der Kohlenraum zu erreichen. Das Hochparterre bildete mit sechs Büroräumen (je drei zu beiden Seiten des Mittelflurs) und dem Warenempfangs- und Versandraum im hinteren Drittel das Hauptgeschoss. Die raumerzeugenden Flurwände bestanden ab Hüfthöhe aus quadratischen Fenstern und erzeugten so einen raumverbindenden und aufhellenden Effekt. Die Außenfenster beginnen auch heute noch etwa auf Schulterhöhe und enden unter der Decke. Die oberen Geschosse wurden als Warenlager entworfen und wurden nur durch schmale, tragende Stahlstützen unterteilt. Durch die ungewöhnlich hohe Anordnung der Außenfenster konnten die Regale an den Außenwänden stehen, ohne dass sie die Fenster und somit das Tageslicht verdeckten.
Bau- und Nutzungsgeschichte
Die Kurzwaren Großhandel A.G. (Kurzag) befand 1929 den bisherigen Standort ihres Hauptsitzes in der Braunschweiger Innenstadt als zu klein und verkehrstechnisch ungünstig gelegen. Ein Neubau in besserer Lage sollte erfolgen und wurde bei dem deutschen Architekten Otto Haesler in Auftrag gegeben. Am 6. April 1929 reichte Haesler beim Bauordnungsamt Braunschweig den Bauantrag ein. In den folgenden drei Monaten wurden vom Bauordnungsamt mehrere Einwände erhoben. Im Vordergrund lagen dabei die bis dahin relativ unbekannte Stahlskelettbauweise und die zu kleine Lichtbreite der Fenster. Letztendlich wurde der Bauantrag im August 1929 genehmigt und schon am 13. März des folgenden Jahres war das Gebäude fertiggestellt.
Das als Solitärbau realisierte Gebäude war ursprünglich der erste Teil eines größeren Bauvorhabens, welches aus Kostengründen nicht fortgeführt wurde. Auf dem 6.200m2 großen Grundstück war eigentlich eine komplexe Anlage aus insgesamt drei untereinander verbundenen Gebäuden geplant. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde während seiner bisherigen Lebensdauer immer als Büro- und Lagergebäude genutzt. Heute betreibt die Firma Sigert dort ein Druck- und Medienhaus.
An der Fassade wurden im Laufe der Jahre keine wesentlichen baulichen Veränderungen vorgenommen, sodass es von außen heute noch weitgehend dem Ursprungszustand entspricht. Kleine Veränderungen sind die Montage von Sonnenblenden, der Austausch der Fenster und des Firmenschriftzuges. Außerdem wurde das Gebäude 1995 entkernt, wobei zu den genauen baulichen Maßnahmen keine Angaben gemacht werden können.
Einordnung in das zeitgenössische Bauen/Konstruieren
Das Büro- und Lagergebäude von Otto Haesler ist ein beispielhafter Bau für die Architekturbewegung des „Neuen Bauens“, welche sich in den Vorkriegsjahren entwickelte und die Otto Haesler als Verfechter des sozialen Wohnungsbaus selbst geprägt hat. Die Stahlskelettbauweise, welche um 1885 entwickelt wurde, gelangte erst durch Bauten wie das Büro- und Lagergebäude von Haesler zu größerer Bekanntheit. Diese Bauweise wird auch heute noch aufgrund seiner hohen Tragfähigkeit für Industriegebäude und Wolkenkratzer genutzt. Die wohl bekanntesten Stahlskelettbauten sind die Wolkenkratzer in den USA, wie z. B. das Empire State Building. Hierzulande ist das bekannteste Beispiel die Zeche Zollverein in Essen.
Bilder
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heutige Ansicht von der Seite
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heutige Frontalansicht
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frühere Ansicht von der Seite
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ursprünglich geplante Gesamtbebauung
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früherer Grundriss des Hauptgeschosses und eines Lagergeschosses
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frühere Innenansicht des Hauptgeschosses
Quellen
- Simone Oelker: Otto Haesler. Eine Architektenkarriere in der Weimarer Republik, Dölling und Galitz Verlag, 2002
- Hassels, U. (2001). Büro- und Lagergebäude. In U. Hassels, Architekturführer Braunschweig - Architektur 19. -21. Jahrhundert (S. 36/37). Braunschweig: BDA - Bund deutscher Architekten.
- Sigert: http://www.sigert.de/unternehmen/daten-fakten.html, abgerufen im März 2015
- Wikipedia - Zeche Zollverein: http://de.wikipedia.org/wiki/Zeche_Zollverein, abgerufen im März 2015