Braunschweiger Hauptbahnhof
Braunschweiger Hauptbahnhof
Der Braunschweiger Hauptbahnhof ist das Ergebnis einer beinahe Jahrhundert-langen Planung. Bereits 1870 gab es Bestrebungen einen Durchgangsbahnhof als Hauptbahnhof in Braunschweig zu etablieren. Hinsichtlich des Standortes war Viewegs Garten,wo der heutige Bahnhof errichtet wurde, schon damals Favorit. Zunächst gab es dort aber lediglich einen Rangier- und Güterbahnhof.
Im Zuge des stetig wachsenden Verkehrsaufkommens in der Nachkriegszeit wurde ein neuer Hauptbahnhof immer dringender gebraucht. Die Lage des alten Kopfbahnhofes war ein Hemmnis für die Stadt- und Verkehrsentwicklung. Das Wechseln der Lokomotiven war auf Grund der Kopfstruktur, zeitraubend und dem stetig expandierenden Fracht- und Postverkehr der Bahnhof nicht mehr gewachsen. Im Laufe der Jahrzehnte wurden knapp ein Dutzend verschiedener Standorte in Betracht gezogen, die alle von verschiedenen Instanzen abgelehnt wurden. So wurde beispielsweise der heutige Standort Anfang des 20. Jahrhunderts von den Bürgern mit der Begründung abgelehnt, dass der Bahnhof von der Innenstadt zu weit entfernt sei.
1938 hatte man sich wieder auf den heutigen Standort festgelegt, umfangreiche Planungsarbeiten begonnen und Bauverträge unterzeichnet. Durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden die Arbeiten allerdings wiedereingestellt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde noch im Jahr 1945 der Neubau des Bahnhofes zu einem wichtigen Faktor des Wiederaufbaus bestimmt. Durch die weitreichenden Zerstörungen im Krieg - 90 % des Stadtkerns waren zerstört worden - bot sich die Gelegenheit das überalterte Stadtgebiet sinnvoll mit dem neuen Bahnhofsbau in städtebaulicher und verkehrlicher Sicht neu zu ordnen.
1952 wurde eine Wiederaufnahme der Planungsarbeiten eingeleitet. In die Planung floss auch der Gedanke eines ungehindert fließenden Ost-West-Verkehrs mit ein. Die Planer gingen fest von einer Wiedervereinigung aus, Jahrzehnte bevor dies geschah. Zur Gestaltungsfindung des neuen Bahnhofes wurde 1955 ein Ideenwettbewerb ins Leben gerufen. Letztendlich waren aber die meisten Vorschläge darauf ausgelegt den Fußgänger und seine Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen, wodurch die städtischen Straßenverkehrskonzepte häufig nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Abschließend wurde zweimal der 2. Preis vergeben. Zum einen an den Bundesbahnoberrat Dipl.-Ing. Erwin Dürkop und zum anderen an Baureferendar Dipl.-Ing. Hans Joachim Kiesewetter. Im Wesentlichen basiert der heutige Bahnhof auf dem ursprünglichen Entwurf von Dürkop, welcher als Architekt des Braunschweiger Bahnhofes gilt. Erwin Dürkops Entwurf sah hierbei einen Bahnhofsvorplatz vor, der zumindest eine optische Verkürzung der Strecke zum fast 2 km entfernten Stadtkern bewirken sollte.
Während die Erdarbeiten am 28. Mai 1956 begannen, wurde der erste Spatenstich am 19. Februar 1957 vollzogen. Die Grundsteinlegung für das Empfangsgebäude fand am 24. März 1959 statt. Insgesamt betrug die Bauzeit drei Jahre und die Planungszeit acht Jahre. Am 1. Oktober 1960 wurde der neue Braunschweiger Hauptbahnhof schließlich eröffnet.
Als architektonische Vorlage diente der Hauptbahnhof in Rom, der Bahnhof Roma Termini aus dem Jahre 1938. Dieser wurde im Stil des Rationalismus bzw. später hinzugekommene Bauten im Stil des neuen Denkens ausgeführt.
Prägende Elemente dieser Stilrichtungen finden sich somit auch im Braunschweiger Hauptbahnhof wieder. Wie beispielsweise die Reduktion auf einfache architektonische Grundelemente und die Verwendung von Glas, Stahl und Beton als Baustoff.
Das achtgeschossige, 98m lange und 29m hohe Bürogebäude, welches Dienststellen der Bundesbahn beherbergt, ist ein einfacher kubischer Körper, der als rechtwinklig zur Kurt-Schumacher-Straße stehende Wand, einen architektonischen Abschluss der Straße darstellt. Das Gebäude wurde von Dürkop einbündig konzipiert, das heißt sämtliche Räumlichkeiten gehen zur Rückseite hinaus, während auf der Straßenseite lediglich Korridore liegen. Die Kunst- und Natursteinfassade aus geometrischen Plattenelementen, wird durch Kupferelemente und Glasfelder ergänzt. Einziges Schmuckstück des Gebäudes ist die analoge kupferne Uhr, welche die Dachkante überragt.
Die Eingangshalle hingegen besitzt einen halbelliptischen Grundriss und eine ganzheitliche Glasfassade und stellt einen starken Kontrast zum Bürogebäude dar. An der vorspringenden Dachkante prangt das Logo der Deutschen Bahn und der Schriftzug „Hauptbahnhof“. Weiterhin wird die Dachkante von Kupferelementen geziert. Die schwungvoll gewölbte Decke soll einen fließenden Übergang von der Außenwelt in das Innere des Bahnhofes darstellen. Konzeptioniert war die Eingangshalle als futuristischer Empfang für die Reisenden. Hervorgerufen durch die kaskadenartigen, leicht geneigten Einbauten sollten zusammen mit der gewölbten, herabfließenden, metallenen Deckenverkleidung die Reisenden automatisch in die Unterführung geleitet werden. Die kaskadenartigen Einbauten ermöglichen dem Reisenden weiterhin die gesamte Empfangshalle von jedem erdenklichen Standpunkt aus vollständig zu überblicken. Hierbei macht sich das Vorbild des Romas Termini bemerkbar, welcher ebenfalls über eine ganzheitliche Glasfassade und geschwungene, fließende Decken verfügt. Ebenso hat der Roma Termini eine hervorstehende Dachkante und ein zurückversetztes, langgezogenes kubusförmiges Bürogebäude.
Die Grundanordnung des aus fünf Gebäuden bestehenden Komplexes bestand schon im ersten Entwurf von Dürkop. Das Grundkonzept einer halbelliptischen Empfangshalle, die gestuften Einbauten und die ganzheitliche Glasfassade, ebenso wie das zurückversetzte, scheibenartige Bürogebäude waren von vornherein geplant. Auch die Einrahmung der Eingangshalle durch weitere Gebäude war bereits vorgesehen. So ist links neben der Empfangshalle ein Restaurantgebäude an den Komplex angeschlossen, welches in den Bahnhofsvorplatz hineinragt. Rechts wiederum wird der Bahnhof von einer langgezogenen Einzelhandelsfläche abgeschlossen. Im Laufe der Jahre wurde der Bahnhofsvorplatz noch durch ein Nahverkehrsterminal ergänzt sowie eine Fußgängerbrücke zum Hotel „Atrium“ hinüberreichend gebaut. 1999 wurde die Fußgängerbrücke allerdings wieder abgerissen.
Quellen
- Industrie- und Handelskammer Braunschweig (1960)
Industrie- und Handelskammer Braunschweig (Hrsg.): Die Braunschweiger Wirtschaft und der neue Bahnhof. Braunschweig, Albert Limbach, 1960
- Schack (2004)
Schack, Martin: Neue Bahnhöfe – Die Empfangsgebäude der Deutschen Bundesbahn 1948 – 1973. Berlin, Verlag B. Neddermeyer, 2004
- Stadt Braunschweig et al. (1960)
Stadt Braunschweig et al. (Hrsg.): Hauptbahnhof Braunschweig 1960. Braunschweig, Georg Westermann, 1960