Ehemalige Kosumgesellschaft

Aus Bauwissen

Ehemalige Konsumgenossenschaft

Datei:Frontal 2.jpg
Die ehemalige Konsumgenossenschaft
Standort Hinter Liebfrauen 2

52°15'38.0"N 10°31'26.0"E; 52.260573, 10.523889

Städtebauliche Einordnung Repräsentation der Konsumgesellschaft
Bauaufgabe ehemaliges Lagergebäude
Baujahr 1907
Epoche Jugendstil
Architekt 1. Unbekannt, 2. Sanierung von Schmied Architektur-Büro
Ingenieur Unbekannt
Bauunternehmen Krause und Stege
Nutzung bis 1987 als Lager und Büro, daraufhin vermietet an Kunstvereine
Konstruktion Stahlbetonbauweise
Gebäudetyp Lagergebäude
Baumaterial Vollziegelmauerwerk, Stahlträger(ummantelt)

Baubeschreibung

Die "ehemalige Konsumgesellschaft" ist ein etwa 248m² großer viergeschossiger Massivbau mit einem weiteren Kellergeschoß. Die Sichtfassade besteht aus Vollziegelmauerwerk, auf dem gut erhaltene, sandfarbene Putzflächen sind. Zarte vertikale Elemente sowie Rankenwerk zieren die Vorderfront, welche typisch für die ästhetische Bewegung um 1900 waren.1 Das Gebäude ist horizontal und vertikal sehr strukturiert aufgeteilt. Bodennah sind bei dem Gebäude die Kellerfenster zu sehen, welche - für ein Lagerhaus typisch - vergittert sind. Darüber befindet sich das Erdgeschoss, welches optisch stark durch Fugen geprägt und sich so im Gegensatz zu den anderen Geschossen etwas hervorhebt. Die Erdgeschossfenster, die als Segmetbogenfenster ausgeführt sind, liegen etwas erhöht, sodass man von der Straße schlecht in innere des Gebäudes blicken kann. Bei ihnen wurde im Zuge der Sannierung die Vergitterung entfernt, da, diese aus denk- malschutzrechtlichen Gründen nicht weiter relevant waren.2

Oberhalb abgegrenzt wird das Erdgeschoss durch ein Gesims, welches sich vertikal über die gesamte Länge des Gebäudes erstreckt. Auf dem Gesims prangt in hervorgehobenen Buchstaben die Aufschrift „Allgemeiner Konsum-Verein. E.G.m.b.H.“ Den Zweiten Horizontalabschnitt bilden das erste und das zweite Obergeschoss, welche schlicht gehalten wurden und an den beiden Gebäudeecken mittig durch jeweils ein florales Element geschmückt werden.Die Fenster sind im Gegensatz zum Erdgeschoss nicht als Segmentbogen ausgeführt, sondern als Rechteckfenster. Der dritte und oberste Bereich des Gebäudes ist durch ein Fries abgetrennt. Diesen Fries ist auf seiner kompletten Länge mit einem Rautenmuster verziert. Oberhalb befindet sich das Mezzaningeschoss, welches sich durch seine niedrige Höhe kennzeichnet. Hier zieren ebenfalls florale Elemente die Außenfassade. Diese verlaufen als flächenhafter Kranz über die komplette Breite des Gebäudes. 3


Vertikal weißt das Gebäude eine Symmetrie auf. Man sieht, dass die Fenster aller Geschosse in einer Linie übereinander liegen. An den Gebäudeecken wird der Bau der ehemaligen Konsumgenossenschaft jeweils durch ein Seitenrisalit begrenzt, welches sich über alle vier Stockwerke zieht und Dachseitig in einem Aufsatz endet.

Auf dem Risalit verlaufen zwischen dem ersten und zweiten Obergeschoss gradlinig die Lisene. Abgehend davon verlaufen die Gebäudeseiten, die ohne große Verzierung schräg nach links bzw. nach rechts hinten verlaufen.4


Die Rückwand der „ehemaligen Konsumgesellschaft“ besteht, anders als die Fassade, abwechselnd aus Putz und Hartbrandsiegel.5 Des Weiteren ist dort die Laderampe des Lagerhauses vorzufinden. Da die alte Laderampe abgerissen wurde, musste eine Neue rekonstruiert werden, welche nun aus einem Stahlskelett mit Bohlenbelag besteht. Bei den Fenstern handelt es sich um Holzfensterrahmen mit Einfachverglasung. Im Erdgeschoss haben die Fester zusätzlich einen von außen angebrachten Stahlgitterschutz, welcher während der Renovierung erneuert wurde.

Im Eingangsbereich befindet sich eine große blaue Treppe, welche in die einzelnen Geschosse führt. Diese besteht aus einer Stahlkonstruktion mit Stahlgeländer, und dessen Trittstufen aus Waffelblech sind. Beidseitig findet sich ein Holzhandlauf, welcher dank des Denkmalschutzes einen feuerhemmenden Anstrich erhalten hat. Die Innenwände bestehen abwechselnd aus Rohmauerwerk und Putzflächen. Die Decken werden von ummantelten Stahlstützen und Trägern getragen. Später wurden noch zahlreiche Wandverkleidungen unterschiedlichster Art angebracht. Bei den Fußböden handelt es sich um auf den Massivdecken angebrachten Betonestrich. In den genutzten Räumen dagegen gibt es wechselnden Belag, Teppiche oder ähnliches.6

Bei dem Dach des Gebäudes handelt es sich um ein flaches Satteldach (5°). Ursprünglich aus Holz, welches aber im 2. Weltkrieg zerstört wurde, besteht es heute aus einem Stahlträgersystem mit Mauerziegelflächen aufgelegt und Pappdeckung. Der Wärme- und Schallschutz ist entsprechende dem Herstellungsjahr 1907 und sanitäre Einrichtungen sind vorhanden.7


1 Vgl. Bauantrag Nutzungsänderung (1991)

2 Vgl. Instandsetzungsarbeiten der Sanierung

3 Vgl. Arnold & Kotyrba Architektenführer (2013)

4 Vgl. Arnold & Kotyrba Architektenführer (2013)

5 Vgl. Nutzungsänderung Antrag auf befristete Genehmigung (1987)

6 Vgl. Bauantrag Nutzungsänderung (1991)

7 Vgl. Bauantrag Nutzungsänderung (1991)


Bau- und Nutzungsgeschichte

Die Konsumgenossenschaft wurde am 27.November 1890 von einer kleinen Gruppe Arbeitern und Angestellten der Bahnhofswerkstätten und Fabriken gegründet. Ziel war es preiswerte, aber auch hygienische Einkaufsmöglichkeiten zu bieten, was zur damaligen Zeit nicht selbstverständlich war.8 Am 1.Dezember 1890 wurde bereits die erste Verkaufsstelle an der Güldenstraße 30 eröffnet. 1907 beauftragte der Verein die Baufirma Krause&Stege mit dem Bau des Gebäudes in der Straße Hinter Liebfrauen 2. Dieses fungierte als Lager, teilweise aber auch als Produktionsstätte für typische Artikel des Konsumvereines. So gab es dort z.B. einen Milch- und Butterkeller, eine Butterformerei, eine Kaffeerösterei, Kolonialwaren usw.9

Neben Kleinhändlern, bei denen der Konsumverein unbeliebt war, da er diesen die Kunden wegnahm, drangsalierte der Staat den Verein lange Zeit, da dieser von Sozialdemokraten dominiert wurde. Dadurch wurde manchen Beamten die Mitgliedschaft entzogen und verboten. 1914 wurde diese Regelung aber wieder aufgehoben, da der Konsumverein bei der Lebensmittelversorgung im Krieg vorbildliche Arbeit geleistet hat. Nach Kriegsende und überstandener Inflation begann die Blütezeit für den Konsumverein, da das Vermögen sicher in Grundstücken angelegt wurde.10 Ein Beispiel für die damalige Inflation ist das Roggenbrot, welches für 200 Milliarden Reichsmark verkauft wurde. In dieser Zeit wurden Produktionsanlagen modernisiert, das Angebot vergrößert und 1928 in der Hermannstraße eine neue Großbäckerei errichtet.1931 gab es 41 Verkaufsstellen für Material- und Kolonialwaren sowie 10 Spezialläden für Fleisch- und Wurstwaren. Die profitable Zeit endete mit dem Aufkommen der rechten Bewegung in Deutschland.11 1933 wurde die Konsumgesellschaft von den Nationalsozialisten übernommen. Dies führte dazu, dass Sozialdemokraten aus leitenden Funktionen entfernt wurden und die Läden der NS-Organisation „Deutsche Arbeitsfront“ unterstellt wurden.

Der Konsumverein wurde 1946 wiedergegründet.12 Um 1960 gehörten zu dem Verein 750 Mitarbeiter, 30.000 Mitgliederfamilien und 100.000 Verbraucher. Außerdem gehörte zu dem Besitz 88 Konsumläden (in Braunschweig und Umgebung), von denen 50 moderne Schnell- und Selbstbedienungsläden waren, dazu eine eigene Bäckerei und Schlachterei. In dieser Zeit lag der Jahresumsatz bei rund 33 Millionen DM.13 Ab dem 1.1.1969 schloss sich die "ehemalige Konsumgesellschaft" mit dem Konsumverein aus Hannover, Steinhude, Hildesheim und Peine zusammen und bildete eine Supermarktkette, welche unter dem Namen „co op“ bekannt war.14

Das Grundstück, welches damals noch zur Leopoldstraße 6 gehörte, ging samt Gebäude in städtischen Besitz über. Ca. 15 Jahre, bis zum Konkurs 1987, wurde das Gebäude bzw. Teile davon von der Fa. INFA-Bau als Lager und Büro gemietet, gleichzeitig andere Bereiche an kleinere Betriebe vermietet. Nach Gründung des Vereines Kunstasyl e.V. im Juli 1987, war dieser in der ehemaligen Konsumgesellschaft beheimatet.15 Es soll ein Treffpunkt für Musik, Literatur und Theater sein. Weitere Räume wurden auch für Künstler als Atelier vermietet. Heute findet man dort den Allgemeinen Konsumverein e.V., welcher Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine ist.16


8 Vgl. Helm: Der Konsum hat Jubiläum(1965)

9 Vgl. Bis 1914 war für Beamte Kauf im Konsum verboten.(1987)

10 Vgl. Wie wir in 90 Jahren immer jünger geworden sind (1979)

11 Vgl. Bis 1914 war für Beamte Kauf im Konsum verboten.(1987)

12 Vgl. Genossenschaftsgedanke blieb jung (1960)

13 Vgl. Wie wir in 90 Jahren immer jünger geworden sind (1979)

14 Vgl. Wie wir in 90 Jahren immer jünger geworden sind (1979)

15 Vgl. ein Kunstasly im Lagerhaus (1988)

16 Vgl. Konsumverein (2016)11 Vgl. Bis 1914 war für Beamte Kauf im Konsum verboten.(1987)


Einordnung in das zeitgenössische Bauen/Konstruieren

Da das Gebäude ein reiner Zweckbau, wurde auf aufwendige und teure Baumaßnahmen verzichtet. Dennoch weist die Fassade des Gebäudes Verzierungen auf, die jedoch nicht ausschließlich einer Epoche zuzuordnen sind. Ausschlaggebend sind jedoch die Symmetrie und die vielen floralen Elemente, die das Gebäude am ehesten dem Jugendstil zuordnen.17

17 Vgl. Arnold & Kotyrba Architektenführer (2013)


Quellen

Literaturverzeichnis

Arnold & Kotyrba Architektenführer: Architektur im Kaiserreich Braunschweig 1871-1918. 1.Auflage Kotybra Verlag Braunschweig 2013 S.38-39

Bauantrag/Nutzungsänderung von Stadt Braunschweig(Hochbauamt) Genehmigt 1991

Helm: Der Konsum hat Jubiläum. Erfolgreiche Bilanz: 42 Millionen Mark Umsatz, in: Braunschweiger Zeitung 04.12.1965

Konsumverein(2016) http://www.konsumverein.de/verein/information/ stand der Seite: Unbekannt Tag des Abrufes:30.01.2016

Nutzungsänderung. Antrag für befristete Genehmigung von Schmied Architektur-Büro (1987)

Unbekannter Autor: Ein Kunstasyl im alten Lagerhaus. Experimentierfeld für junge Kunststudenten, in: Braunschweiger Zeitung 20.06.1988

Unbekannter Autor: Genossenschaftsgedanke blieb jung.Braunschweiger „Konsum“ besteht heute siebzig Jahre, in:Braunschweiger Zeitung 01.12.1960

Unbekannter Autor: Wie wir in 90 Jahren immer jünger geworden sind, in: Braunschweiger Zeitung 10.01.1979

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Frontansicht des Gebäudes (Quelle: eigne Aufnahme vom 28.01.2016)

Abbildung 2 Seitenansicht des Gebäudes (Quelle: eigne Aufnahme vom 28.01.2016)

Abbildung 3 Rückansicht des Gebäudes (Quelle: eigne Aufnahme vom 28.01.2016)