Fallersleber-Tor-Brücke
Fallersleber-Tor-Brücke
Standort | Braunschweiger Innenstadt
(52° 16' 12" N / 10° 31' 57") |
Städtebauliche Einordnung | Verbindung der Innenstadt mit dem östlichen Ring Braunschweigs |
Baujahr | 1904 |
Epoche | äußere Hülle des Bauwerks = Historismus
Konstruktion des Bauwerks = Moderne |
Ingenieur | Professor Max Möller [1] |
Bauherr | Stadt Braunschweig |
Beteiligte Firmen | Drenckhahn & Sudhop [2] |
Nutzung
|
heute Überbrückung der Oker
früher bedeutender Handelsweg der Stadt Braunschweig mit dem Umland (Fallersleben) |
Konstruktion | Brückenbauten > (Stahl-)Betonkonstruktion > Plattenbalkenkonstruktion |
Bauaufgabe | wirtschaftliche Brückenkonstruktion auf bestehenden Widerlagern |
Baumaterial | Beton, Stahl, Naturstein |
Oberflächen | verzierte Fassaden (Stahlbetonkonstruktion sollte versteckt bleiben) |
Gebäudetyp | Technischer Bau |
Kurzbiographie von Carl Emil Max Möller
Max Möller war als deutscher Hochschullehrer, Bauingenieur und Meteorologe tätig. Er wurde am 19.02.1854 in Hamburg geboren und starb am 19.12.1935 im Alter von 81 Jahren in Braunschweig. Das Bauingenieur-Handwerk erlernte er an der Bauakademie in Berlin und am Polytechnikum in Hannover. Am Polytechnikum legte er 1878 die erste preußische Staatsprüfung und 1883 die zweite Staatsprüfung, in Berlin, ab. Er war von 1888 bis 1890 Professor für Wasserbau an der TH Karlsruhe und ab 1890 an der TH Braunschweig angestellt. Er war einer der ersten Professoren für Wasserbau in Deutschland. Durch die Planung von Hängegurtbrücken hat er den Eisenbetonbau revolutioniert. Er verstand es Eisen und Beton so miteinander zu kombinieren, dass eine neue innovative, wirtschaftliche und tragfähige Konstruktionsform geboren wurde. 1895 war er dann auch Mitbegründer des Deutschen Betonvereins. (Vgl. Quelle 2) Max Möller besaß mehrere Patente für seine Konstruktion „Möllerträger“. (Vgl. Quelle 1)
Baubeschreibung
Die Fallersleber-Tor-Brücke wurde nach einem Entwurf von Max Möller, im Jahre 1904 gebaut. Sie war 36 Meter lang, 21 Meter breit und besaß eine lichte Höhe von 2,20 Meter über dem Wasserspiegel. Das ausführende Bauunternehmen, war die in Braunschweig ansässige Firma Drenckhahn & Sudhop. (Vgl. Quelle 3) Die im Laufe ihrer Firmengeschichte weitere Brücken nach dem „System Möller“ errichtet haben. (Vgl. Quelle 8) Das Besondere an der Brücke, war der verwendete Konstruktionstyp „System Möller“. Max Möller entwickelte ein Hängegurtbrückensystem, welches ausschließlich aus Beton und Stahl bestand. Dieses System fand dann schließlich auch an der Fallersleber-Tor-Brücke Verwendung.
Die Brücke wurde von 19 parabelförmigen Trägern gehalten, die auf den bestehenden Widerlagern des vorherigen Brückenbaus gelenkig gelagert wurden. Die Widerlager bestanden aus Natursteinmauerwerk und waren abgerundet. (Vgl. Quelle 1) Die parabelförmigen Träger bestanden aus Stahl und Beton. Wobei der Stahl als Zuggurt und der Beton als Druckgurt gedient haben. Der Zuggurt wurde durch aufgenietete Winkeleisen mit dem Druckgurt (Beton) verbunden. Diese Zusammensetzung „Stahl und Beton“ wird als „[...]Vorläufer heutiger Verbundkonstruktionen bezeichnet[...]“ (Quelle 1). Des Weiteren wurden am Ende des Stahls weitere Winkeleisen angenietet (siehe Abbildung 3). (Vgl. Quelle 1)
Dieses Wirken der Baustoffe miteinander, ermöglichte es, dass an den Enden des Trägers eine, im Verhältnis zur Trägermitte, geringe Bauhöhe erreicht werden konnte (siehe Abbildung 2). Dadurch entstand ein großer Vorteil für die Brücke, hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit. Die Verwendung von weniger Beton bedeutete geringere Baukosten, welche schon durch den Erhalt der Widerlager stark gemindert werden konnten. Die 19 parabelförmigen Träger wurden mittels der angenieteten Winkeleisen mit den Auflagern verbunden und dadurch konnten die Zugkräfte aus dem Zuggurt übertragen werden. (Vgl. Quelle 1) „Die Möllersche Trägerkonstruktion ist folglich ein Plattenbalken mit separatem Zugband in den Balken.“ (Quelle 1) Die Brücke war aber nicht nur konstruktiv, sondern auch gestalterisch sehr ansprechend. Der Stil des Brückenbaus war dem Historismus zuzuordnen, wobei die Konstruktion der Moderne entsprach. Doch die Idee des Historismus ist es, Altbewährtes mit Innovativem zu verbinden. Wobei hier die Konstruktion das Innovative und die Verkleidung das Altbewährte, das Schöne, war. Die Brücke wurde in den Eckbereichen mit vielen Pflanzenornamenten verziert und besaß große Postamente (siehe Abbildung 4-5) mit Soldatenstandbilder, die im 2. Weltkrieg entfernt wurden. Des Weiteren fanden auf der Brücke 2 Straßenabschnitte, 2 Gleisführungen und 2 Fußgängerwege Platz. Natursteingeländer und Eisenlaternen rundeten das äußere Erscheinungsbild ab. (Vgl. Quelle 1) Ein Hingucker war das mittig am äußeren Randträger aufgebrachte Baujahr der Brücke.
Bau- und Nutzungsgeschichte
Die Überbrückung der Oker an der Fallersleber-Straße erfuhr im Laufe der Zeit große Brückenveränderungen und Brückenneubauten. Dies hing zum Einen mit der gesamten Stadtentwicklung und der städtebaulichen Entwicklung im Bereich der Überbrückung zusammen, sowie zum Anderen mit der immer komplexer werdenden Nutzungsanforderungen. Der erste Brückenbau wird im 14./15. Jahrhundert vermutet. Hierbei soll es sich um eine Holzbrücke gehandelt haben. Dies wurde aber nicht belegt. In den Jahren 1581-95 kam es zu Umbaumaßnahmen am Fallersleber Tore und man vermutet, dass die Grabenbrücken ein weiteren Umbau beziehungsweise Neubau erfahren haben. In der Zeit des Barocks kam es wieder zu Veränderungen in der Stadt und es wurde ein weiterer Neubau der Brücke vorgenommen. Hierbei handelte es sich um eine Holzbrücke mit Sprengwerkkonstruktion auf steinernen Widerlagern. Diese Konstruktion blieb dann bis zur Mitte des Klassizismus bestehen und wurde dann um 1819/20 abgerissen und musste einer Bogenbrücke weichen. (Vgl. Quelle 3) Diese wurde auf Natursteinmauerwerk-Widerlagern aufgebaut und mit Brückenbögen aus Eichenholz tragfähig gemacht. Des Weiteren wurden Holzbohlen als Belag und Gusseisen als Geländer verwendet. Die Brückenbögen wurden von außen verkleidet. Die Bogenbrücke wurde fünfmal umgebaut. Der erste Umbau fand 1831 statt und die anderen Umbauten 1835, 1857, 1877 und 1878. Die Zunahme des Verkehrs um 1900, hervorgerufen durch die Hochindustrialisierung Deutschlands, veranlasste die Stadt Braunschweig dazu, dass eine neue Brücke gebaut werden musste. Daraufhin wurden zwei Brückenplanungen mit Entwürfen und Kostenvoranschlägen eingereicht, darunter eine von der Firma Liebold aus Holzminden. Diese beinhaltete einen Bogenbrückenentwurf. Die zweite Planung stammt von der Firma Drenckhahn & Sudhop aus Braunschweig. (Vgl. Quelle 3) Diese Planung sah eine Konstruktion nach dem "System Möller" vor. In den Jahren 1901-1904 kam es zur Errichtung einer neuen Brücke, die dem Entwurf der Firma Drenckhahn & Sudhop entsprach. Hierbei handelte es sich um eine Hängeträgerbrückenkonstruktion nach dem "System Möller" aus einem Stahl-Beton-Verbund. Die Brücke wurde auf den bestehenden Natursteinmauerwerk-Widerlagern errichtet. Die neue Fallersleber-Tor-Brücke wurde 1956 zum ersten Mal umgebaut und zwar wurden die Gehwege verbreitert. Dieses Vorhaben wurde durch auskragende Betonplatten realisiert. 2010 folgte dann der Abriss. 2008 fand dann ein Architekturwettbewerb um die Fallersleber-Tor-Brücke statt. Diesen entschied die Firma "Von Gerkan, Marg und Partner" aus Hamburg für sich und 2010 folgte dann schließlich der Bau der neuen Stahlbetonbrücke (siehe Abbildung 6-7). (vgl. Quelle 3)
Einordnung in das zeitgenössische Bauen
Ein charakteristisches Merkmal der Brücken nach dem „System Möller“ war nicht nur die Verwendung von Stahl und Beton in einem Verbund, sondern auch die Parabelform der Träger. Doch die Parabelform war keine Idee von Möller. Diese Form wurde schon verwendet, da existierten noch keine Brücken nach seinem Entwurf. Georg Ludwig Friedrich Laves ließ sich 1835 den Laves-Balken patentieren. Bei dem Laves-Balken handelte es sich um ein Linsenträger aus Eisen. Friedrich August von Pauli entwickelte den Linsenträger dann weiter (Pauli-Träger). Diese wurden im 19. Jahrhundert gebaut, verloren dann aber an Bedeutung. Ende des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte Möller, auf Grundlage der Erkenntnisse von Pauli und Laves, ein System aus Stahl und BETON. Möller verwendete für sein System aber nur den Zuggurt aus Stahl. Innovativ war die Verwendung des Betons als Druckgurt. Wie bereits erwähnt, ist der Möllerträger ein „[...]Vorläufer heutiger Verbundkonstruktionen[...]“ (Quelle 1). Die Hängegurtträger wurden bis Mitte des 20.Jahrhunderts gebaut. Aufgrund der immer größer werdenden Spannweiten und komplexeren Nutzungsanforderungen war es wirtschaftlicher eine komplett aus Stahlbeton bestehende Brücke zu bauen. Abschließend kann man sagen, dass die Möllerträger eine Art Übergangselement von Stahl/Eisen zu Stahlbeton waren.
Quellen
- Tiefbauamt Braunschweig.: Fallersleber-Tor-Brücke – Dokumentation, Abbruch und Erhaltung, S. 4-10, Mai 2010
- Jarck, H-R.; Scheel, G.; Nitschke-Pagel, T.: Möller, Carl Emil Max, Prof. In: Braunschweigisches Biographisches Lexikon (19. und 20. Jahrhundert), S. 421
- Stadt Braunschweig: Fallersleber-Tor-Brücke, Stand der Seite: 2014; Tag des Abrufs: 20.03.2015;
http://www.braunschweig.de/leben/stadtportraet/bruecken/fallerslebertorbrucke.html
- Gehler, W.; Gesteschi, TH.; Colberg, O.: Einfache Träger In: Brückenbau Handbuch für Eisenbeton, Band 6 (1911), S. 17-18
- Gehler, W.; Gesteschi, TH.; Colberg, O.: Durchlaufende Träger In: Brückenbau Handbuch für Eisenbeton, Band 6 (1911), S. 19
- LKG – Ingenieurbüro für Bautechnik: Möllerträger, Stand der Seite: 20.03.2015; Tag des Abrufs: 20.03.2015;
http://www.elkage.de/src/public/showterms.php?id=1189
- Tiefbauamt Braunschweig: Planzeichnungen 22, 7, 18 der Fallersleber-Tor-Brücke
- Drenckhahn & Sudhop, Firmenschrift