Gerloffsche Villa
Gerloffsche Villa
Inhaltsverzeichnis
- Steckbrief
- Baubeschreibung
- Bau- und Nutzungsgeschichte
- Zeitliche Einordnung und Besonderheiten
- Quellen
1) Ostansicht der Gerloffschen Villa
Das Haus der Braunschweiger Stiftungen, ehemals Gerloffsche Villa
Standort
Lšwenwall 16, 38100 Braunschweig
StŠdtebauliche Einordnung
Neuparzellisierung am Lšwenwall in 1820
Baujahr
1888/1889
Bauaufgabe
Dauerhaftes Wohnhaus fŸr die Familie Gerloff
Epoche
Historismus; angelehnt an die italienische Renaissance
Architekt
Stadtbaurat Ludwig Winter
Bauherr
Louis Gerloff, Zuckergro§hŠndler
Beteiligte Firmen
Fršhlich und Baumkauf
Damalige Nutzung
Private Nutzung durch die Familie Gerloff als Wohnsitz
Konstruktion
Keller: Zweigeschossiger Sockelbau, Erdgeschoss: Bossierung aus Putz und Fugenstrich, Obergeschoss: Rotes Ziegelmauerwerk, Mezzaningeschoss: Heller Putz unter Kranzgesims
GebŠudetyp
WohngebŠude
Material
Hausstein, Ziegelmauerwerk, Gusseisen (Loggia)
Heutige Nutzung
Haus der Braunschweiger Stiftungen
Baubeschreibung
Die Villa am Lšwenwall 16, die auch als Gerloffsche Villa bekannt ist, gehšrt zur Epoche des Historismus. Die unterschiedlichen Geschosse sind alle unterschiedlich gestaltet worden. Das Souterrain hat zwei Geschosse, die nur von hinten einsehbar sind. Diese bestehen aus grobem Hausstein und dienten als NutzrŠume, Dienstbotenstube und Kutschenstellplatz. Da das GebŠude am Hang liegt, sind auch hier einige Fenster und viel Lichteinfall mšglich. Das Erdgeschoss auf Hšhe der EingangstŸr besteht aus Putz mit leichtem Fugenstrich und hat einen sandfarbenen Anstrich. Das erste Obergeschoss wiederum hebt sich durch rotes Ziegelmauerwerk ab und wird durch ein Gesims optisch vom Erdgeschoss getrennt. Unter dem Dach befindet sich ein Mezzaningeschoss, welches ebenfalls hell verputzt ist und von einem Gesims Ÿberkragt wird. Das Dach der Villa ist flach und unaufwendig gehalten, als italienisierendes Flachdach. Das Haus hat au§erdem eine Veranda auf der Ost- sowie auf der Westseite des Hauses, die vom frŸheren Speisesaal und vom ehemaligen Zimmer das Hausherrn zu erreichen sind.
Das GebŠude wurde von Stadtbaurat Ludwig Winter entworfen, der inoffizieller Architekt der Gerloffschen Villa ist. Diese Ausnahme machte er aufgrund von verwandtschaftlichen VerhŠltnissen zum Bauherr Gerloff. Offiziell wurde allerdings die Firma Fršhlich und Baumkauf beauftragt, da private Bauvorhaben nicht von Beamten gefŸhrt werden durften.
WŠhrend das €u§ere der Villa eher bescheiden anmutet, gibt es doch einige Aspekte, mit denen sich der Bauherr selbst ein Denkmal schaffen wollte. Dazu gehšren die Initialen und Symbole seines GeschŠftes, die in die Gusseisernen Verzierungen der Loggia und EingangsŸberdachung eingearbeitet sind. Auch das Innere der Villa strahlt Wohlstand aus. Es zieht sich eine oktogonale Diele Ÿber alle Geschosse, die jeweils mit einer Holztreppe Ÿber die Etagen verbunden ist. Von dieser pompšsen und weitlŠufigen Diele zweigen alle Zimmer eines jeweiligen Geschosses ab. Sie diente als Statussymbol der HŠndlerfamilie Gerloff.
Die Gerloffsche Villa ist in mehrere Hinsichten etwas Besonderes. Sie hatte nicht nur einen Architekten, der nur ein anderes vergleichbares GebŠude in Braunschweig entworfen hat, sondern war auch das erste Braunschweiger Wohnhaus mit einer Zentralheizung.
2) SŸdostansicht 3) Grundriss des Erdgeschosses
4) Loggia aus Gusseisen 5) SŸdwestansicht
Bau- und Nutzungsgeschichte
Nach ihrer Fertigestellung wurde die Gerloffsche Villa von der Familie Gerloff bewohnt. Das Šnderte sich erst im zweiten Weltkrieg, als das Haus nach Kriegsende von den Aliierten beschlagnahmt wurde. Das GebŠude wurde im Krieg nur unwesentlich beschŠdigt und anschlie§end notdŸrftig repariert, sodass zeitweilig 150 englische und amerikanische Soldaten dort untergebracht werden konnten.
Im Jahre 1970 sollte dann ein Abriss des GebŠudes vorgenommen werden, der aber von der Stadt Braunschweig abgelehnt wurde. Auch der Vorschlag, das GebŠude als AuslŠnderwohnheim zu verwenden wurde nicht weiter verfolgt. Stattdessen erwarb im Jahr 1976 die Stadt Braunschweig Haus und GrundstŸck. Es waren umfangreiche Sanierungsma§nahmen notwendig, die den Gesamteindruck des Hauses aber nur wenig verŠnderten, sondern nur der Erhaltung und Zukunftssicherung des GebŠudes dienten.
1983 bis 2003 wurden die RŠume der Gerloffschen Villa vom stŠdtischen Museum und der stŠdtischen Musikschule genutzt. Im Jahre 2004 erwarb die Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz die Villa, um dort das Haus der Braunschweiger Stiftungen zu grŸnden. Vorher war aber noch eine grŸndliche Sanierung vonnšten. Dabei wurden einige Ornamente, Wandbemalungen und Details wiederentdeckt. Seitdem befindet sich in der Gerloffschen Villa das Haus der Braunschweiger Stiftungen. Die Villa ist sehr an ihrem Ursprungszustand orientiert restauriert worden und entspricht bis auf wenige €nderungen optisch dem Originalzustand.
6) Decke im ehemaligen Salon 7) Nordwestansicht 8) Gedrechselte Treppe im EG
Zeitliche Einordnung und Besonderheiten
Die Gerloffsche Villa wurde in den Jahren 1888 und 1889 erbaut. Die Genehmigung fŸr die BauplŠne wurde am 13. Januar 1888 erteilt. Das GebŠude lŠsst sich in den Historismus einordnen. Es ist deutlich als Villa im Stil der Neorenaissance zu erkennen. Dabei kann man es in die italienische Renaissance einordnen, nicht zuletzt aufgrund des sehr typischen italienischen Flachdachs. Den italienischen Anstrich hat das GebŠude auf Wunsch des Bauherrn bekommen. Ludwig Winter war eher fŸr mittelalterliche Bauten bekannt. Er plante und verwirklichte nur noch ein einziges anderes GebŠude von Šhnlicher Art, die Villa Heymann an der WolfenbŸtteler Stra§e. FŸr den Bau hat der wohlhabende Kaufmann die WohngebŠude rŸckseitig seines GrundstŸcks erworben, die in Richtung Magniviertel anschlie§en, um dort die Baustra§e anlegen zu kšnnen. Die abgerissenen WohngebŠude wurden nach Beendigung des Baus wieder aufgebaut und die Bewohner konnten zurŸck in ihre HŠuser ziehen. Diese Form der Baustellenerschlie§ung war sehr kostspielig und ungewšhnlich. Louis Gerloff hat sein Vermšgen mit dem Zuckerhandel gemacht. Ganz besonders ertragsreich war die Tatsache, dass er ein Vorreiter in Sachen Einwegverpackungen war, anstatt die Ware in SŠcken zu lagern und zu verkaufen. Besonders hervorzuheben ist die Zentralheizung des WohngebŠudes, mit der Louis Gerloff der Erste war, der eine solche in Braunschweig in ein Wohnhaus einbauen lie§. Dadurch gibt es nur einen einzigen Schornstein, anstatt mehrere, so wie es bei Šhnlich gro§en GebŠuden damals Ÿblich war.
9) Originalentwurf 10) Ostansicht 11) Eingangsbereich
Quellen
- Henkel, Tobias: Denkmal mit Garten: Von der Gerloffschen Villa zum Haus der Braunschweiger Stiftungen
Braunschweig 2009
- Kaufhold, Karl Heinrich: FrŸhneuzeit
2008
Bildquellen
- Bild 1, 2, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 11: Caroline Fay
- Bild 3, 5: Henkel, Tobias: Denkmal mit Garten: Von der Gerloffschen Villa zum Haus der Braunschweiger Stiftungen
Braunschweig 2009