Handelsweg Passage
Handelsweg Passage
Standort | 52°15'49.185"N 10°31'1.189"E
52.2636625, 10.516997199999992 [1] |
Städtebauliche Einordnung | Neubelebung Braunschweiger Messe |
Bauaufgabe | Einkaufspassage |
Baujahr | 1671, 1870-1872, 1956-1969 |
Epoche | Historismus |
Architekt | Unbekannt |
Ingenieur | Unbekannt |
Bauherr | Herzogtum Rudolf August (1671), Hotelier Schrader (1872) |
Nutzung | Gastronomie, Einzelhandel |
Konstruktion | Massivbau und Putz. Überdachungskonstruktion aus Gußeisen und Glas. |
Gebäudetyp | Öffentlicher Bau |
Baumaterial | Backstein, Putz. Gußeisen, Glas.
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Baubeschreibung
Der Sedan Bazar bestand aus sechs dreistöckigen häusern, die verbunden mit vier Arkaden waren. Die Äußeren zwei Arkaden grenzten die Passage von den anliegenden Gördelinger- und Breite Straßen ab, während die inneren zwei (noch präsenten) Spitzbögigen Arkaden einen Oktagonalen Innenhof umschließen.Das Ensemble war auf eine Mauerwerksbauweise aus gelblichen Backstein gebaut. Die Fassaden des Arkadenhofs sind mit verschiedenen Arten von Gesims verziert. Während die Nördlich anliegende drei Fassaden nur Gurtgesims besitzen zeichnet sich der Rest des Arkadenhofs zusätzlich durch Kranz- und Fenstergesims aus. Diese Inkonsistenz der Dekoration ist mutmaßlich den Kriegszerstörungen zu verschulden, man kann annehmen, dass die Ganze Passage wie der Einzige verbliebene Arkadenhof gebaut und dekoriert wurde. Ein anderes Baumerkmal der Passage war ihre Glasüberdachung. Die Passage besaß eine Glaskuppel mit einer Spannweite von ~7.5 Metern. Es bestehen weder Bebauungszeichnungen weder jegliche Dokumentationen der Dachkonstruktion, aus den verbliebenen Kuppelträgern kann man entnehmen, dass es sich um eine Oktagonale Kuppel mit einem Tragwerk aus Gußeisen gehandelt hat. Solch eine Kuppel überdeckte auch den Arkadenhof des Sillem's Bazar in Hamburg. Sie bestand aus 8 Eckrippen, 8 Zwischenrippen und ringträgern aus Gußeisen, eine Vergleichbare Konstruktion wurde höchstwarscheinlich auch für den Sedan Bazar in Braunschweig benutzt. Es wird erzählt, dass die Handelsweg Passage komplett überdacht war, wie es Einkaufspassagen dieser art im 19 Jahrhundert auch üblich war, keine meiner gefundenen Quellen konnten das weder abstreiten noch bestätigen.
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Handelsweg Passage, Westliche Ansicht (altstadt-bs.de, Sehenswürdigkeiten – Handelsweg)
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Sillem's Bazar, Hamburg, um 1850 ("Sillem's Bazar" Wikipedia, die Freie Enziklopedie)
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Passage Vivienne, Paris (Das Passagenwerk: Gesammelte Schriften" Walter Benjamin)
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Bebaungsskizze des Handelsweg von Baurat L. Winter (Stadtarchiv Braunschweig, Signatur: D V 1 c: 212)
Bau- und Nutzungsgeschichte
Die Handelsweg Passage (Neuenhof/Sedan Bazar) befindet sich im westlichen Teil der Innenstadt, ungefähr 50 Meter nördlich von dem Altstadtmarkt und erstellt als eine Fortsetzung der Neuen Straße eine Verbindung zwischen der Gördelinger- und Breiten Straße. Die Geschichte des Grundstücks lässt sich bis 1671 zurückverfolgen, als Herzog Rudolf August im Zuge der Neubelebung der Braunschweiger Messe einige Bürgerhäuser abreißen ließ und an deren Stelle der aus Messgewölben und Verkaufsständen bestehende Neuenhof errichtet wurde. Der Hotelbesitzer Schrader ließ den Neuenhof 1870 abreißen und um 1872 wurde der nach der Schlacht von Sedan benannte Sedan Bazar eröffnet. Der Sedan Bazar wurde für den Einzelhandel, vermutlicherweise auch für Gastwirtschaft und Gastronomie benutzt. Die Umbenennung in Handelsweg erfolgte 1928. Die Passage wurde während des Zweiten Weltkriegs stark beschädigt und ab 1956 wieder aufgebaut. Am 1. November 1969 wurde der umgestaltete Handelsweg eröffnet.Des Originärem Bauwerks ist nur zu Teil das Mauerwerk des Arkadenhofs. die auf ihm ruhende Eisenauflager der Glaskuppel, und die Kellerraüme samt Kellergewölbe geblieben. Einen hohen Bekanntheitsgrad hatte das 1936 gegründete Eiscafé Tante Puttchen.[2] Außerdem wurde in dem Kellerräumen Braunschweigs einziges öffentlich(es) Homosexueles Lokal betrieben. Heute befinden sich im Handelsweg verschiedene Gastronomiebetriebe.
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Stadtkarte Braunschweig, A. C. Haake, um 1762 -1765
Einordnung in das zeitgenössische Bauen/Konstruieren
Die ersten glasüberdachten Passagen (“passages couverts”) enstanden in Paris am Beginn des 19 Jahrhunderts, Ihre Verbreitung war den Technologischen Vorschritten wie dem günstigeren Herstellungsverfahren von Gußeisen und der Erfindung von Gasbeleuchtung zu verdanken[6]. Dies ermöglichte ein öffentliches, bisher nicht gekanntes Erlebnis der Stadt, dass unabhängig vom Wetter, Tages- oder Jahreszeiten war. Die Inhaber und Stifter von Passagen waren meistens einzelne oder Konglomeraten von Einzelhändler, die das wirtschaftliche Potential von so einem Stadterlebnis eingesehen haben. Die Passage diente im 19. Jahrhundert bei- spielsweise nicht zum Verkauf von Lebensmitteln. Dort wurden neue, bisher unbekannte und außergewöhnliche Waren angeboten. Diese kamen dem Bedürfnis des neuen Bürgertums entgegen, das sich seiner selbst bewusst wurde und ein Gespür für individuelles Auftreten entwickelte. Walter Benjamin schrieb: „Was in den Passagen verkauft wird sind Andenken“.[7] Die Ware wurde dank Der Passagen und gewisser massen Weltausstellungen ein neuer Fetisch, ein objekt der Faczination und Begierde. Die Passage wurde von Walter Benjamin oder J.F. Geist als wichtigstes bauliches Zeugnis charakterisiert, an dem man die Umbrüche des 19. Jahrhunderts nachvollziehen kann. Nach ihren Model enstanden die ersten Warenhäuser, welche die Passagen nach und nach ablösten. Der Sedan Bazar in Braunschweig war vermutlich unter den ersten 5 Passagen Deutschlandweit[8].
Quellen
1 - “Die Stadt Braunschweig im 18. Jahrhundert: Stadtbild und Grundbesitz in Braunschweig nach der Vermessung von Andreas Carl Haacke 1762 bis 1765” ISBN 3937664653
2 - “Görderlinger Str.” Wikipedia, die Freie Enziklopedie 3 - Stadtarchiv Braunschweig, Signatur: D V 1 c: 212
4 - altstadt-bs.de, Sehenswürdigkeiten – Handelsweg
5 - "Sillem's Bazar" Wikipedia, die Freie Enziklopedie
6 - "Das Passagenwerk: Gesammelte Schriften" Walter Benjamin, ISBN 978-3-518-28535-0
7 - “Die Passagen zwischen Palais Royal und Boulevard Montmartre Entstehung- Niedergang- Renaissance” Kristin Schmeer
8 - “Passagen, ein Bautyp des 19 Jhd” J.F. Geist, ISBN 3-7913-0487-9