Haus Anker
Haus Anker
Standort | Friedrich-Wilhelm-Straße 51 |
Städtebauliche Einordnung | Neubau an der Friedrich-Wilhelm-Str., Verbindung zum Kohlmarkt |
Bauaufgabe | Bau eines modernen Kaufhauses |
Baujahr | 1901-1902 |
Epoche | Jugendstil, Neoklassizismus |
Architekt | Bruno Habrich, Neugestaltung: Heinrich Johannes |
Bauherr | Leopold Katz & Georg Wolff |
Nutzung | Kaufhaus, heute auch Büronutzung |
Gebäudetyp | Büro- und Geschäftshaus |
Baumaterial | größtenteils Stahlbeton, Fassade: Glas
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Bau- und Nutzungsgeschichte
Das Haus Anker befindet sich an der Friedrich-Wilhelm-Straße in unmittelbarer Nähe zum Kohlmarkt. Die Geschäftsleute Leopold Katz und Georg Wolff fassten den Beschluss, hier ein großes Warenhaus zu errichten. Der Architekt Bruno Habrich setzte sich mit seinem Entwurf gegen Otto Kratzsch durch. Während Kratzsch einen eher konventionellen Entwurf vorlegte, verband Habrichs Entwurf den modernen Geschäftshausbau mit Elementen des Wiener Sezessionsstils, der dem Jugendstil zuzuordnen ist.
Das Gebäude wurde zunächst an den Kaufhauskonzern „Hamburger Engros Lager“ des jüdischen Kaufmanns Adolf Jandorf, dem später auch das KaDeWe gehörte, vermietet. Im Jahre 1913 mietete der Textilkaufmann Hermann Vick das Gebäude und eröffnete ein Kaufhaus für Herren- und Knabenbekleidung. Katz und Wolff verkauften 1921 schlussendlich das Haus Anker an Hermann Vick, der dieses daraufhin umfassend umbauen wollte. Zusammen mit dem Architekten Heinrich Johannes ließ er die Glasfassade durch eine massive Wandpfeilgliederung ersetzen. Die Inschrift „Haus Anker“, die beim Umbau hinzugefügt wurde lässt sich auf den Ankerverlag zurückführen, der Anfang der 1920er Jahre im Gebäude ansässig war.
Im Jahre 1988 musste das Textilkaufhaus Hermann Vick schließen, woraufhin die Innenräume des Gebäudes vom Architekten Rudolf Morgenstern in zu einem Bürohaus umgebaut wurden. Das äußere Erscheinungsbild blieb erhalten, da das Gebäude im zweiten Weltkrieg keine großen Schäden erfuhr. Im Erdgeschoss befindet sich immer noch eine Geschäftszeile, in dem ein Schuhgeschäft ansässig ist. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.
Baubeschreibung
Ursprünglich
Das Haus Anker wurde größtenteils in Stahlbetonweise gebaut und gehörte zur Zeit seiner Fertigstellung zu den modernsten Gebäuden Braunschweigs. Hauptbestandteil der Fassade war eine Glasfront, die sich über Erdgeschoss und die ersten beiden Obergeschosse zog und nur von dünnen Walzeisenprofilen unterbrochen wurde. Die moderne Konstruktionstechnik kam von einem Berliner Unternehmen Luxfer. Hinter der Glasfront befand sich das Stützsystem, das aus Bogenförmigen Betonrippen Geschossdecken und rechteckigen Stahlbetonstützen bestand. An den Seiten der Glasfront wird diese von turmartigen Eckrisaliten flankiert. Im 3. Obergeschoss befanden sich keine vollflächige Glasfront, sondern eine Fensterreihe, die von Mauerpfeilern unterteilt wurden. Über der Traufe wurde eine Glasüberdachung angebracht, die mit den Pfeilern und den Halbgiebeln ein symmetrisches Konstrukt bilden.
Umgestaltung
Aus dem Erwerb des Gebäudes durch Hermann Vick resultiert eine Neugestaltung der Fassade im Jahre 1921. Die Glasfassade musste einer eher neoklassizistischen Pilastergliederung weichen und das Haus Anker verlor seinen Status als modernstes Geschäftshaus Braunschweigs. Im Erdgeschoss befindet sich immer noch eine Glasfassade als Schaufenster, in den ersten beiden Obergeschossen wurde diese allerdings durch acht Fenstererker in den Achsen und massiven Pfeilern zur Unterteilung ersetzt. Auf Höhe der Geschossdecke sind Reliefdarstellungen, z.B. in Form eines Ankers angebracht. Im 3. Obergeschoss wurde eine Balustrade und Putten in den Wandpfeilern hinzugefügt. Die Eckrisalite blieben erhalten und sind in ihrer heutigen Form sehr ähnlich zu dem ursprünglichen Erscheinungsbild, während das Giebelfeld geschlossen wurde. Anstelle der Glaskonstruktion befindet sich hier nun ein Segmentgiebel und der Schriftzug „Haus Anker“. Das gewölbeartige Stützsystem ist mittlerweile auch nicht mehr vorhanden, anstelle dessen werden die Geschossdecken durch Mauerwerksstützen gestützt.
Einordnung in das zeitgenössische Bauen
Die ursprüngliche Fassade des Hauses Anker ist dem Jugendstil zuzuordnen, während die 1921 erneuerte Fassade Elemente des Neoklassizismus enthält. In einer Abkehr vom Historismus des 19. Jahrhunderts hatten Architekten des Jugendstils den Anspruch, die Gebäude funktional und modern zu gestalten. In diesem Sinne bietet die Glasfassade des des Hauses Anker eine breite Schaufensterfläche über mehrere Stockwerke, die dem Gebäude auch noch ein innovatives Alleinstellungsmerkmal in der Stadt verlieh. Ein Kaufhaus für Textilwaren und Bekleidung erforderte zudem eine ausreichende natürliche Beleuchtung, die das Begutachten der Farben und Materialien ermöglichte. Ferner wurden die gängigen Stützkonstruktionen aus Eisen durch Eisenbeton verdrängt, da dieser billiger und widerstandsfähiger gegen Feuer war. Eine durchgängige Glasfassade wurde später jedoch durch neue Brandschutzregelungen verboten.
Die Friedrich-Wilhelm-Straße wurde 1876 angelegt, um den damaligen Bahnhof mit dem Stadtzentrum zu verbinden. Anstelle dessen floss vorher die Oker durch das Stadtzentrum durch. Die Friedrich-Wilhelm-Straße verband den Friedrich-Wilhelm-Platz vor dem Bahnhof mit der Münzstraße und entwickelte sich zu einer noblen Einkaufspromenade.
Quellen
- Arnhold/Kotyrba: Architektur im Kaiserreich – Braunschweig 1871-1918. 1. Auflage, Kotyrba Verlag Braunschweig, 2013
- Bein: Zeitzeugen aus Stein Band 2: Braunschweig und seine Juden, Döring Druck Braunschweig, 1996
- Duin: Ein Warenhaus, wie es vergleichbare Städte nicht hatten. In: Braunschweiger Zeitung, 23.02.2014
- Ludewig et al.: Das Haus Anker http://www.vbls.de/kanzlei/haus1.html , zuletzt aufgerufen am 28.2.2020
- Paulus et al.: Wege in die Moderne: Architektur im Braunschweiger Land 1900-1930. Appelhans Braunschweig, 2013
- Schneegans/Kick: Gebäude für die Zwecke des Wohnens, des Handels und Verkehrs. In: Handbuch der Architektur, J. M. Gebhardt’s Verlag, 1923
Bildquellen
- Moderhack: Die neuere Geschichte der Stadt Braunschweig in Karten, Plänen und Ansichten hrsg. von der Stadt Braunschweig, Vermessungsamt, 1981
- Stadtarchiv Braunschweig: H XVI: A VII/Fr.-W.-Platz /Format 2