Haus der Wissenschaft

Aus Bauwissen

Haus der Wissenschaft

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Gesamtbild
Standort 52°16’3.275“N; 10°31’11.437“E

52.274932, 10.529331

Adresse Pockelstraße 11
Städtebauliche Einordnung Nördlich der Innenstadt
Baujahr 21.03.1935 -23.05.1937
Architekt Emil Herzig
Nutzung Naturhistorisches Museum, Technische Universität Braunschweig,

Haus der Wissenschaft Braunschweig GmbH

Konstruktion Stahlbetonskelett
Baumaterial Backstein, Stahlbeton

Allgemeines

Ministerpräsident Klagges beauftragte 1934 Julius Petersen, der zu dieser Zeit eine Professur an der Technischen Hochschule Braunschweig innehatte, den ersten Vorentwurf inklusive Kostenvoranschlag anzufertigen. Die endgültige Planung übernahm Emil Herzig, Leiter der braunschweigischen staatlichen Hochbauverwaltung und ab 1935 Rektor der Technischen Hochschule Braunschweig.

Baubeschreibung

Der Gesamtkomplex aus Backstein bestand ursprünglich aus sechs Gebäudeelementen, darunter drei größere Hauptbauten, der Turmbau, das Naturhistorische Museum und der Turnhallenbau. Diese werden durch drei Trakte miteinander verbunden, die zur Zeit des Baus nur 2 Geschosse hatten und im heutigen Zustand drei. Mit dem neueren Bau am Rebenring als nördlichen Trakt wird ein Innenhof fast gänzlich umschlossen. Zudem befindet sich an der Südseite heute ein Hörsaalanbau. Bei allen Bauteilen wurden die gleichen Klinker verwendet, jedoch ergeben sich bei den Hauptteilen durch unterschiedliche Prägungen und Strukturen ein individuelles Aussehen.

Der Turmbau ist mit ungefähr 45 Metern das größte Element, welches über die ersten sechs Geschosse (inkl. Erdgeschoss) kubisch aufgebaut ist. Darauf befindet sich der Turmaufbau mit geringerer Grundfläche, der seit 2011 durch eine Glaskuppel gekrönt ist. Die Dachkonstruktion besteht aus einem Satteldach mit Frontgiebeln und spitzzulaufenden Zwerchdächern an den Seiten. Zur Zeit des Baus befand sich auf dem Turmbau ein Observatorium, die Volkssternwarte. Durch hervorstehende Wandelemente, die vertikal zwischen den Fensterreihen nach oben verlaufen, entsteht eine starke vertikale Ausrichtung. Der Eingang befindet sich auf der Westseite und ist in drei Flügeltüren aufgeteilt, die Gliederung der Wand endet über dem Eingang in einem Sturz. An der östlichen und der nördlichen Seite sind Zwischentrakte angebunden.

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Turnhallenbau

Das Naturhistorische Museum befindet sich an der Nord-Westseite der Anlage. Die Fassade zur Westseite ist ein gutes Stück weiter vorgelagert als der Turmbau und der Zwischenbau. Das Museum wirkt dreiteilig, da es drei sehr steile Satteldächern mit den dazugehörigen Giebeln hasund die Fassade im Bereich des mittleren Giebels etwas herausragt. Mit drei Vollgeschossen und einem Abschlussgeschoss erreicht das Gebäude eine Höhe von 24 Metern bis zum First des Mitteldachs, die Seitendächer sind mit 18 Metern etwas niedriger. Eine weitere Besonderheit ist ein auffällig aus den Ziegeln Mauerwerk, das vertikal zwischen den Fenstern entlangläuft und hier auch nicht im Bereich des Eingangs unterbrochen wird.

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Gang innen

Der Turnhallenbau befindet sich im Osten des Komplexes und ist mit seinem ebenfalls rechteckigen Grundriss west-östlich ausgerichtet. Mit drei Geschossen ist dieser Gebäudeteil niedriger und ragt nicht so deutlich über die Zwischenbauten hervor. Auch dieser Bau hatte ursprünglich ein steiles Satteldach, wurde aber nach Zerstörungen im Krieg flacher wiederaufgebaut, sodass die Vertikale hier nicht mehr im selben Maße betont wird. Ein Zierziegelmauerwerk vertikal zwischen den Fensterreihen gibt auch diesem Gebäudeteil eine spezifische Optik.


Die Innenausstattung war zur Zeit des Baus auf neustem Stand der Technik, unter anderem verfügte das Gebäude über eine Radioanlage, hohe Geräuschdämmung in Wänden und Böden oder auch die Be- und Entlüftungssysteme. Die Gestaltung im inneren wies viele nationalsozialistische Symbole und Gemälde auf, Hakenkreuze waren im ganzen Komplex zu sehen. Ansonsten sind die Gänge im Gebäude sehr schlicht und schmucklos gehalten.

Bau-und Nutzungsgeschichte

Am 21.03. 1935 wurde der Grundstein für den Gebäudekomplex gelegt. Über zwei Jahre später am 23.05.1937 wurde die Bernhard-Rust-Hochschule eingeweiht und auch das Naturhistorische Museum zog ein. In dieser Hochschule wurden bis zum Ende des zweiten Weltkriegs Lehrer nach nationalsozialistischer Ideologie ausgebildet. Da die Zerstörungen im Krieg im Verhältnis zur Innenstadt nur mittelschwer waren, nutzte unter anderem der Braunschweiger Landtag das Gebäude als Tagungsort. Im Turnhallenbau, dessen Dachschäden provisorisch behoben wurden, fand von 1945 bis 1949 auch das Staatstheater Obdach. Auch die Lehrerausbildung wurde an diesem Ort wieder aufgenommen. 1946 wurde von der Besatzungsmacht aus England die Kant-Hochschule als Pädagogische Hochschule eröffnet und die Lehrerausbildung wieder aufgenommen mit dem Ziel die demokratischen Vorstellungen umzusetzen. Das Naturhistorische Museum wurde trotz des Einzugs erst 1951 für Besucher eröffnet. In den sechziger Jahren erhielt der Turnhallenbau sein neues flacheres Dach und die Verbindungstrakte ein zusätzliches drittes Geschoss. Außerdem wurde ein Anbau mit zwei Hörsälen errichtet. Ab 1969 lief die Hochschule als Abteilung der Pädagogischen Hochschule Niedersachsen, welche neun Jahre später schon wieder aufgelöst wurde. Die Studierenden und die Hochschule wurden im Jahr 1978 Teil der Technischen Universität Braunschweig im Erziehungswissenschaftlichen Fachbereich. Seit 2007 prägt der Name „Haus der Wissenschaft“ dieses Gebäude, allen voran den Turmbau. Im Verbindungsbau zwischen dem Turmbau und dem Naturhistorischen Museum wurden im Zuge eines Umbaus 2008 und 2009 zwei Geschosse entkernt, eine neue Sichtbetondecke errichtet und so eine Galerie mit hoher Decke erzeugt. Das ehemalige I-Amt wurde in das Studienservice-Center umgewandelt und erhielt seinen heutigen Standort. Zudem wurden neue Seminarräume im 5. Geschoss gebaut und ein Restaurant zog ins 6. Geschoss. Im Mai 2011 erhielt das Haus der Wissenschaft schließlich die Acht Tonnen schwere Kuppel aus Glas und Stahl.

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Galerie
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Kuppel

Einordnung in das zeitgenössische Bauen/Konstruieren:

Bei dem Bau handelt es sich um einen Stilmix, der Einflüsse aus dem Backsteinexpressionismus, aber auch Elemente aus der Gotik aufzuweisen hat sowie monumentalisierende Tendenzen der Architektur 1935-1945. Auch konstruktiver gibt sich eine Mischung aus Moderne und Tradition. Zwar handelt es sich äußerlich um ein Backsteingebäude, doch verbirgt sich hinter der Fassade ein Stahlbetonskelett. Dies ermöglichte große offene Räume, da fast nur die Außenwände tragende Funktionen erhalten.

Quellen

  • Andreas Eberhard und Lars Strominski: Vom Kleinen Exer zum Haus der Wissenschaft. Der Ort, das Haus, seine Geschichte. Technische Universität Braunschweig, Braunschweig 2017
  • Markus Mittmann: Nationalsozialistisches Bauen: Die „Bernhard-Rust-Hochschule“ in Braunschweig. (= Kleine Schriften 25), Stadtarchiv und Stadtbibliothek Braunschweig, Braunschweig 1993.
  • Deutsche Bauhütte, Zeitschrift der deutschen Architektenschaft, Herausgeber: Curt R. Vincentz Hannover 1937 (S.154-155)