Institut für Stahlbau
Institut für Stahlbau
Standort | 52.28285°N 10.54541°E |
Städtebauliche Einordnung | Campus Ost der TU Braunschweig |
Bauaufgabe | Technischer Hochschulbau |
Baujahr | 1973 |
Epoche | Nachkriegsmoderne |
Architekt | Zdenko von Strizic |
Ingenieur | keine Angabe |
Bauherr | Niedersächsische Hochschulbaugesellschaft |
Beteiligte Firmen | Baukonzern „Neue Heimat“ |
Nutzung | Technische Universität Braunschweig |
Konstruktion | Hauptgebäude: Stahlbeton-Skelettbauweise; Versuchshalle: Stahl-Rahmenkonstruktion |
Gebäudetyp | Öffentlicher Hochschulbau |
Baumaterial | Stahlbeton, Stahl |
Oberflächen | Sichtbeton, Waschbeton, Glas, Holz |
Das Gebäude der Institute für Stahlbau und Statik befindet sich auf dem Campus Ost der Technischen Universität Braunschweig in der Beethovenstraße 51. Das 1973 bezogene Gebäude ist ein Werk des Braunschweiger Architekten und Architekturprofessors Zdenko von Strizic (1902-1990), welcher als Mitwirkender der Braunschweiger Schule gilt. Das Institutsgebäude ist in die Epoche der Nachkriegsmoderne einzuordnen. Bauherr war die Niedersächsische Hochschulbaugesellschaft, mit dem Land Niedersachsen als Hauptgesellschafter. Der Baukonzern „Neue Heimat“ wurde als Generalunternehmer beauftragt. Zur Zeit wird das Gebäude nicht nur von den Instituten für Stahlbau und Statik, sondern seit dem Jahre 2010 auch vom Institut für Bauwerkserhaltung und Tragwerk genutzt. Büros, Seminarräume, Institutsbibliotheken, Versuchshallen und Werkstätten sind in dem Gebäudekomplex untergebracht. Das in Stahlbeton-Skelettbauweise errichtete Hauptgebäude zeichnet sich vor Allem durch Sichtbetonflächen, großflächige Verglasungen und sichtbare Tragwerkselemente aus. (vgl.Abbildung 3)
Baubeschreibung
Bei dem Gebäude handelt es sich um einen viergeschossigen Skelettbau aus Stahlbeton mit Keller. Im Erdgeschoss des Hauptgebäudes befindet sich das Institut für Bauwerkserhaltung und Tragwerk, im ersten Obergeschoss das Institut für Stahlbau und darüber das Institut für Statik. Hinter dem Hauptgebäude, im nördlichen Teil, befinden sich die Versuchshallen des Instituts für Stahlbau. Das wohl markanteste Merkmal des Gebäudes sind Unterzug-Paare unter jedem Obergeschoss, die sich über die komplette Längsachse erstrecken. Sie nehmen die Lasten aus den oberen Stockwerken auf und leiten diese in die darunterliegenden Stützen ein (vgl. Abbildung 4).
Das erste Obergeschoss kragt an den Stirn- und Längsseiten aus, wobei die Unterzüge an den Stirnseiten von außen sichtbar sind (vgl. Abbildung 1 und 3). Gegenüber dem Großteil des Skelettbaus ist das Treppenhaus an der Südseite des Gebäudes, neben dem Eingang, eine massive Struktur. Hier wurde teilweise auf Schwerbeton zurückgegriffen, um die Lasten aus der Unterbrechung des Unterzugpaares aufzunehmen. Parallel zur Unterzugachse verlaufende Wände sind hingegen aus Leichtbeton mit einer Reetstruktur, wie z.B. die Außenwand des Treppenhauses neben dem Haupteingang, oder mit einer senkrechten Rauhspundschalung. Ebenfalls auffällig ist, dass bei den Stützenpaaren jeweils die innenliegende Stütze aus Schwerbeton besteht, die äußere jedoch aus Leichtbeton. (vgl. Abbildung 5)
Wie für die Skelettbauweise üblich, sind die Außenwände aus nicht tragfähigen Elementen. Hier wird überwiegend auf Betonfertigteile in Waschbetonoptik und Glas zurückgegriffen. Wie schon beim Treppenhaus, ist auch die massiv anmutende westliche Außenwand des Erdgeschosses aus Leichtbeton mit einer Reetstruktur. Die Funktion dieser Wand, wie auch die der darüberliegenden Fertigteilwände, ist die Aussteifung des Gebäudes, aber nicht der vertikale Lastabtrag. Die Verlängerung der Außenwand im Erdgeschoss in Richtung Norden hat keinen statischen Nutzen, im Grundriss wird sie als „Gartenmauer“ bezeichnet. Im Obergeschoss befinden sich an den Stirnseiten Betonfertigteilwände, wohingegen die Längsseiten aus Glas und rot lackierten Holzelementen erstellt sind. (vgl. Abbildung 3 und 6)
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Abbildung 4: Anschluss der Unterzüge an die Stützen
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Abbildung 5: Ausschnitt aus dem Grundriss des Erdgeschosses
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Abbildung 6: Ansicht der Nord- und Westfassade
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Abbildung 7: Schnitt/Ansicht aus den Bauplänen: Links: Versuchshallen – Mitte: Durchgang – Rechts: Hauptgebäude
Im Durchgang vom Hauptgebäude zu den Versuchshallen befindet sich eine Rampe von den Hallen in den Keller des Hauptgebäudes, parallel dazu angeordnet sind eine Werkstatt und Büros für wissenschaftliche Mitarbeiter (vgl. Abbildung 7). Im Keller wurden früher Versuche des Instituts für Statik durchgeführt, heute befinden sich dort Computerraum, Seminarraum und Bibliothek.
Die Versuchshallen des Instituts für Stahlbau sind Stahl-Rahmenkonstruktionen mit Faltdach. Die Zwischenräume, zwischen den Stahlstützen, sind mit Betonelementen in Waschbetonoptik geschlossen. Auf der Nordseite wurden großflächig milchige Glaselemente in die Fassade integriert. Die großen Lichtraumprofile ermöglichen die Unterbringung von Lastenkränen. Da aus den Versuchsanordnungen hohe Lasten in den Untergrund einzuleiten sind und die große Versuchshalle unterkellert ist, ist ihre Bodenplatte eine Spannbetonplatte mit den Abmessungen 25 x 9 Metern. (vgl. Abbildung 8)
Im Eingangsbereich ist die Decke mit weißen quadratischen Platten (ca. 1 m x 1 m) abgehangen, diese wechseln sich mit Lichtelementen in gleicher Größe im Schachbrettmuster ab. Neben den farbig gestrichenen Wänden ist eine Wand mit Holzelementen verkleidet (vgl. Abbildung 9).
Die Räume der Institute sind im Gegensatz zur Eingangshalle eher schlicht gehalten. Wände und Decken sind weiß, der Boden gefliest oder mit Teppichboden ausgelegt. Wiederholt stößt man im Gebäude auf die Stützenpaare, welche einen Durchmesser von 0,40 m und einen Abstand von 1,30 m haben. Die Stützen wie auch die Unterzüge sind in Sichtbetonoptik, teilweise jedoch auch weiß gestrichen. Die Unterzüge sind jedoch, außer im Keller, durch abgehängte Decken verdeckt. Im Obergeschoss ist eine lamellenartige Deckenverkleidung angebracht, welche schräg unter den Unterzügen zusammenläuft. Eine Besonderheit ist, dass die Fenster fest verbaut sind, sodass nur die weißen Holzelemente, von außen rot, zu öffnen sind. (vgl. Abbildung 10)
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Abbildung 8: Große Versuchshalle des Instituts für Stahlbau
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Abbildung 9: Eingangsbereich des Institutsgebäudes
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Abbildung 10: Seminarraum im 1. Obergeschoss
Die Skelettbauweise zeigt mit den Jahren jedoch auch ihre Schwächen. Die wenigen lastabtragenden Elemente und das auskragende erste Obergeschoss führen zu einer Verformung des Gebäudes und der Bildung von Rissen. Auffällig an der Rissbildung ist, dass diese vor Allem in Wänden parallel zu den Stirnseiten in Nähe der Unterzüge auftreten. (vgl. Abbildung 11 und 12)
Bau- und Nutzungsgeschichte
Vor dem Umzug in die Beethovenstraße waren die Institute für Stahlbau und Statik verteilt auf dem Universitätsgelände im Okerhochhaus, in Baracken im Innenhof des Altgebäudes sowie in einem Verfügungsgebäude in der Straße Langer Kamp. Wie in der gesamten Bundesrepublik Deutschland war auch an der Technischen Universität Braunschweig ein enormer Anstieg der Studierendenzahlen in den 1960er und 1970er zu verzeichnen. So rechnete man mit einem Anstieg der Studierendenzahl vom Wintersemester 1970/71 zum Wintersemester 1973/74 um 1400 Studierende auf insgesamt 7000. Um die einhergehende Raumnot zu bekämpfen, sollten die Institute für Stahlbau und Statik in den Neubau in der Beethovenstraße umziehen. Des Weiteren war angedacht, einen Campus des Bauwesens in Anlehnung an amerikanische Campusse zu erschaffen. Baubeginn war im Jahre 1969 mit einer geplanten Fertigstellung Anfang 1972. Jedoch übernahm die niedersächsische Hochschulbaugesellschaft das Gebäude erst Mitte 1973 unter erheblichen Bedenken vom Baukonzern „Neue Heimat“. In einem Artikel der Braunschweiger Zeitung vom 7. Juli 1973 mit dem Titel „Neubau der TU ist zu laut“ bezeichnete der damalige TU-Kanzler Vogel das Gebäude als „nicht funktionsfähig“, da vorgegebene Schalldämmwerte nicht erreicht wurden. Dennoch wurde das Gebäude aufgrund der massiven Raumnot an der Universität bezogen. Auch heute wird von den Mitarbeitern der Institute kritisiert, dass das Gebäude trotz Nachbesserungsmaßnahmen immer noch sehr hellhörig sei. Die Anordnung der die Unterzüge haltenden Stützen schränke die Nutzung der Räume ein (vgl. Abbildung 9). Zudem ist der Lichteinfall in den Eingangsbereich aufgrund der hauptsächlich auf der Nordseite vorhandenen Verglasung eingeschränkt. Dass nicht die Fenster, sondern die Holzelemente zu öffnen sind, empfinden viele Gebäudenutzer als Gewöhnungsbedürftig.
Einordnung in das zeitgenössische Bauen/Konstruieren
Das Gebäude ist ein Unikat. Auch wenn es ein Stahlbeton-Skelettbau ist, lässt es sich keinem der damaligen Hochschulbausysteme, wie z.B. dem Marburger, zuordnen. Auch die Vermutung es handle sich um ein Bauwerk der Braunschweiger Schule kann nicht gehalten werden. Strizic war eher eine Nebenfigur der Braunschweiger Schule und überwiegend im Wohnungsbau tätig. Die sichtbare Funktionalität und die unterschiedlichen Oberflächen sind jedoch typisch für die damalige Zeit. Ob das Institutsgebäude erhaltenswert ist, ist fraglich. Man muss sich hierbei jedoch der Tatsache bewusst sein, dass das Gebäude mit den Jahren an Qualität eingebüßt hat. Der Beeinträchtigung der Nutzung sowie der Problematik der Statik steht die Einzigartigkeit des Gebäudes gegenüber, dessen Besonderheiten vom Betrachter, wenn auch nicht sofort, zumindest auf einen zweiten Blick erfasst werden können.
Quellen
- Braunschweiger Zeitung (07.07.1973): Neubau der TU ist zu laut – Kanzler: Nicht funktionsfähig
- ACHTUNG modern! (2014): ACHTUNG modern! Rundgänge, Vorträge, Diskussionen zur Architektur zwischen 1960 und 1980, Veröffentlicht auf: http://www.arch.tu-braunschweig.de/blog/2014/06/17/achtung-modern-rundgange-vortrage-diskussionen-zur-architektur-zwischen-1960-und-1980/ Stand der Seite: keine Angabe; Tag des Abrufs: 07.02.2015
Befragte Personen
- Dr.-Ing. Christina Krafczyk, Institut für Bauwerkserhaltung und Tragwerk, Beethovenstr. 51, 38106 Braunschweig
- Prof. Dr.-Ing. Dieter Dinkler, Institut für Statik, Beethovenstr. 51, 38106 Braunschweig
Abbildungen
- Abbildung 1: Foto des Institutsgebäudes und der dahinterliegenden Versuchshalle aus den 70er Jahren Institut für Stahlbau
- Abbildung 2: Lage des Instituts, https://www.google.de/maps/place/Beethovenstra%C3%9Fe+51,+Technische+Universit%C3%A4t+Braunschweig,+38106+Braunschweig/@52.2771479,10.5388776,15z/data=!4m2!3m1!1s0x47aff42e52ba0b63:0x97e9517858fa4551 Stand der Seite: keine Angabe; Tag des Abrufs: 23.01.15
- Abbildung 5: Ausschnitt aus dem Grundriss des Erdgeschosses, Institut für Stahlbau
- Abbildung 7: Schnitt/Ansicht aus den Bauplänen: Links: Versuchshallen – Mitte: Durchgang – Rechts: Hauptgebäude, Institut für Stahlbau
- Abbildung 8: Große Versuchshalle des Instituts für Stahlbau, Institut für Stahlbau