Regierungsgebäude
Regierungsgebäude
Standort | 52°15'56"N 10°31'29"E
52.265545, 10.524731 [1] |
Städtebauliche Einordnung | Regierungsgebäude |
Bauaufgabe | Verwaltungs- und Regierungsgebäude |
Baujahr | 1908 - 1913 |
Epoche | Historismus |
Architekt | Ernst Wiehe |
Bauherr | Die Stadt Braunschweig |
Nutzung | Verwaltungs- und Regierungsgebäude |
Konstruktion | Quaderbau mit drei Geschossen |
Gebäudetyp | Regierungsgebäude |
Baumaterial | Kunstsandstein, Naturstein, Beton, Stahl, Glas, Holz |
Oberflächen | Kunstsandstein, Naturstein, Glas |
Der Architekt Ernst Wiehe
Ernst Wiehe, geboren 1842, stammt aus einer Braunschweiger Handwerkerfamilie und kam so schon früh mit dem Bauwesen in Kontakt. Als Kind der Stadt machte er sich als Architekt einen Namen. So wurde er schließlich Baurat der Stadt Braunschweig, in welcher noch heute Kirchen, Schulen und weitere öffentliche Gebäude nach seinen Entwürfen zu bewundern sind. Sein größtes Werk war wohl die vollkommene Restaurierung des Braunschweiger Doms ab 1876.
Baubeschreibung
Das Regierungsgebäude (Ministerialgebäude) steht zwischen Bohlweg, Hagenscharrn und der Casparistraße in Braunschweig. Optisch kann man es kaum von seinem Nachbargebäude dem Finanzbehördenhaus, dem heutigen Sitz der Landessparkasse Braunschweig, trennen. Das Erdgeschoss ist umlaufend mit einer Rustika verkleidet. Auch die aus der Fassade heraus gezogenen Ecken und Türme sind seitlich ebenfalls mit einer Rustika besetzt. Die Türme auf der Seite zum Ruhfäutchenplatz umfassen den westlichen Eingang und werden von einem Staffelgiebel, welcher mit Ornamenten besetzt ist, optisch nochmal hervorgehoben. Auf dieser Seite sieht man auch das heute zum großen Teil gebaute Flachdach, mit einem etwas nach hinten versetzten Mezzaningeschoss, welches durch ein Kranzgesims abgetrennt ist. Im Gegensatz dazu steht der Nord-Ostteil des Gebäudes, an dieser Seite kann man die ursprüngliche Trennung noch erkennen. Welcher noch mit dem ursprünglichem Spitzdach erhalten ist und sich somit auch der Gebäudeeingang von dem auf der Westseite unterscheidet. Hier wird er nicht von zwei Türmen umschrieben und liegt zentral in der Hausfassade. Der Eingang liegt nah an der Gebäudekante und ist mit einem schlichtem Staffelgiebel versehen. In dem Spitzdach welcher in diesem Teil des Gebäudes noch erhalten ist, sind auch noch in regelmäßigen abständen Gauben angebracht. Unterhalb der Dachkante verziert umlaufend ein Kranzgesims diesen Teil des Gebäudes. Außerdem hat jedes Geschoss seine eigene Fensterart. Im Erdgeschoss sind große Fenster mit einem spitz zulaufendem Bogen verbaut, wobei der Bogen im Finanzbehördenhauses mit einem Dekorgitter versehen ist. Das Geschoss dadrüber hat große Fenster mit einem sehr flachen Bogen als oberer Abschluss. Die dritte Fensterreihe hat immer zwei kleine Fensterpaare mit spitz zulaufenden Bögen. Und im Mezzaningeschoss sind einfache rechteckige Fensterpaare verbaut.
Bau- und Nutzungsgeschichte
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts, Braunschweig war eine aufstrebende Industrie und Forschungsstadt, nahm die Bevölkerungszahl immer weiter zu, wodurch sich das Bild einer Großstadt in den Köpfen der Herrschenden breit machte. Sie wollten ein eigenes Regierungsviertel in der Stadt Braunschweig erbauen, welches den Reichtum und die Macht der Stadt repräsentieren sollte. Gleichzeitig waren die alten Verwaltungssitze dem Ansturm an Aufgaben, welche eine Großstadt mit sich bringt, nicht mehr gewachsen und mussten erweitert werden. So entschied man sich an das bereits von Architekt Ernst Wiehe erbaute Finanzbehördenhaus einen Anbau zu errichten. Dieser sollte Platz für weitere Beamte bieten. Erbaut wurde das Regierungs- oder auch Ministerialgebäude auf der Fläche, welche 1903 durch den Abbruch der Paulinerkirche und des Museumsgebäudes am Hagenscharrn frei wurde. Die Schwierigkeit in diesem Bauvorhaben ergab sich auch aus der Tatsache, dass Architekt Ernst Wiehe mit der Fertigstellung des Finanzbehördenhauses im Jahre 1894 verstarb. Somit musste der Anbau ohne ihn vollendet werden. Aus der Bauphase ist weiter leider nicht allzu viel bekannt, aufgrund der Nähe zum alten Okerlauf, auf der Achse der heutigen Münzstraße, sollte es aber auch bei diesem Bau Probleme mit sumpfigen Boden und der daraus resultierenden Tragunfähigkeit gegeben haben. Dieses Problem wurde aber scheinbar gelöst, denn bis heute sind keine größeren Setzungsschäden am Gebäude zu erkennen. Nach der Fertigstellung im Jahre 1913 dient das Ministerialgebäude bis heute als Sitz verschiedener Behörden. Waren es früher noch vor allem städtische, befinden sich heute auch ein Sitz der Landesschulbehörde Niedersachsen und ein Büro der europäischen Union im Gebäude. Das Finanzbehördenhaus beherbergte dagegen schon vor dem zweiten Weltkrieg die Landessparkasse, welche sich auch heute noch in diesem befindet. Obwohl beide Gebäudeteile von außen auf den ersten Blick als eines erscheinen, gibt es doch gerade von innen große Unterschiede. Bei Luftangriffen Ende des 2. Weltkrieges wurde vor allem das Finanzbehördenhaus schwer Beschädigt. So wurde direkt nach Kriegsende das Prunkdachgeschoss, zumindest das, was übrig war, abgebaut und durch eine Art Mezzaningeschoss mit Flachdach ersetzt. Auch von innen gleicht kaum noch etwas dem Originalzustand. Der ehemalige Innenhof ist heute überdacht und beinhaltet den Informationsbereich sowie die Zugänge zu Büros. Insgesamt wurde das Gebäude, im Interesse der großen Betreiber-Bank, modernisiert und den eigenen Ansprüchen angepasst. Das Regierungsgebäude hingegen wurde weniger beschädigt, weshalb Teile des Prunkdaches noch vorhanden sind. Auch von innen sind die vielen Bögen im Eingangsbereich noch erhalten. Allerdings war dieses Gebäude wie viele andere Prunkbauten dieser Zeit nur von außen und im Eingangsbereich reich verziert und weist sonst einfache Strukturen auf. Abschließend ist zu sagen, dass beide Gebäudeteile noch heute ihrer grundsätzlich angedachten Funktion dienen, und auch nach dem Krieg, welcher die Bausubstanz nicht zerstören konnte, nie dauerhaft andere Aufgaben zu verrichten hatten.Regierungsviertel
Vergleich der Südfassade mit dem „Palazzo de Medici“
Spitzbogen (zentrales Element der Gothik)
Vergleich mit dem Braunschweiger Rathaus
Charakteristisch, sehr markant und gut vergleichbar mit der Raumgestaltung des Palazzo de Medici, sind die Kreuzrippengewölbe. Die Decke erhält eine Wölbung, wodurch zum einen der Raum optisch vergrößert wird, zum anderen aber auch eine Tragfähigkeit der Decke gewährleistet werden kann. Die Kreuzrippengewölbe sind durch verzierte römisch-korinthische Säulen gestützt. Der Innenraum, verziert mit Mosaik, erhält seine Helligkeit durch den dahinterliegenden Innenhof.
Zum Vergleich dient auch hier das Eingangsportal des Münchener Rathauses, das im gleichen Stil gehalten ist und ebenfalls durch den Innenhof erhellt wird.
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Bögen im Rathaus München
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Bögen im Portal des Regierungsgebäudes
Zeitgenössische Einordnung
In einigen Aspekten mit dem im Stile der Renaissance erbauten Palazzo de Medici vergleichbar, enthält das Regierungsgebäude einige Details der Gotik. Spitzbögen, Kreuzrippengewölbe, damit verbundene mächtige Raumhöhen, Verzierungen durch Kreuzblumen, die Zwei-Turm-Eingangsfassade und Profanbauten (Bürgerhäuser, Rathäuser) sind eindeutige Kennzeichen des vom 12. bis zum 16. Jahrhundert angewendeten gotischen Stils. Das Regierungsviertel wurde Ende des 19.Jahrhunderts erbaut und liegt damit weit außerhalb des Zeitraums der Gotik. Auf Grundlage der aufgeführten Kennzeichen und der Bauzeit von 1890-1904 lässt sich das Regierungsgebäude in den zeitgenössischen Stil der Neugotik einordnen.
Literatur
Stadtarchiv Braunschweig: H XVI A II 18d, H XI 31:14
110 Luftbilder: Mit dem Ballon über Braunschweig und anderen Orten, städtisches Museum Braunschweig,2004
Weblinks
http://easyweb.easynet.co.uk/giorgio.vasari/micheloz/michel8.jpg
http://ammermann.de/Projekt2005/Geschichte/palazzo_medici.htm
https://de.wikipedia.org/wiki/Spitzbogen#/media/File:Fenstermasswerk.jpg
http://www.muenchen.info/pia/raum/durchgang.jpg
http://m.schuelerlexikon.de/mobile_kunst/Gotische_Architektur.htm
http://www.florentinermuseen.com/musei/palazzo_medici_riccardi.html