Landgericht
Landgericht
Standort 52°26311"N 10°52353"E 52.263511, 10.533114 [1]
Städtebauliche Einordnung Neue Unterbringung Landgericht, Oberlandesgericht und Staatsanwaltschaft
Baujahr 1878-1881
Epoche Historismus
Architekt Friedrich Lilly (gleichzeitig Baurat)
Bauherr Herzogtum Braunschweig
Beteiligte Firmen Firma Th. Stümpell (Stuckarbeiten)
Nutzung |Langericht
Konstruktion Massivbau
Baumaterial Dolomit (Fassade der beiden unteren Geschosse)
Abmessungen 86 m (Front zur Münzstraße) x 39 m (Front zum Wilhelmsplatz)
Anzahl Geschosse 3
Baubeschreibung
Die ersten beiden Geschosse des dreigeschossigen Gebäudes sind mit Rustikamauerwerk verkleidet. Die Fenster in diesen Stockwerken sind rechteckig gehalten. Den Geschossübergang sieht man von Außen deutlich durch das Gesims. Das Hauptportal ist als Rundbogen über zwei Geschosse ausgeführt, hat vorstehende Bogenquader und einen Schlussstein. Desweitern stehen links und rechts vom Hauptportal toskanische Säulen und oberhalb der Tür befindet sich ein halbrundes Oberlichtfenster.
Im dritten Stockwerk befinden sich Rundbogenfenster, die von Ädikulä (bestehen aus Balustrade, Säulen und Dreiecksgiebeln) umgeben sind.
An den Außenkanten des Mittelrisalits im dritten Geschoss befinden sich jeweils zwei Pilaster. Die Fenster im Mittelrisalit sind höher als die Anderen. Insgesamt erinnert das zweischichtige Fassadensystem an die westliche Stirnfassade des Braunschweiger Residenzschlosses. Die Eckrisalite sind relativ weit nach außen gezogen, sodass der Bau vom Wilhelmsplatz aus gesehen monumentaler wirkt. In den unteren beiden, schlichter gehaltenen Geschossen war ursprünglich das Landgericht und die Staatsanwalt untergebracht. Das höherwertigere oberste Geschoss beherbergte ursprünglich das Oberlandesgericht. Diese Unterschiede in der Aufwendigkeit des Bauens setzen sich auch im Inneren fort. So wird die Ornamentik des Treppenhauses in den oberen Geschossen aufwendiger. Gleiches gilt für die Säulen im Inneren.
Bau- und Nutzungsgeschichte
Das heutige Gebäude des Landgerichts Braunschweig (Münzstraße 17) wurde ab Herbst 1878 an gebaut und am 15.9.1881 offiziell bezogen. Bis 1880 wurde direkt gegenüber das Polizeigebäude gebaut. Dieses wurde ebenfalls von Friedrich Lilly geplant, sodass vermutet werden kann, dass das größere Gebäude des Landgerichts ein Folgeauftrag gewesen sein könnte. Vorallem bei der Gründung des Gebäudes gab es Schwierigkeiten, da im Bereich der Münzstraße früher ein Arm der Oker langführte. Folglich war der Boden sehr sumpfig. Tragfähiger Kiesboden wurde erst in einer Tiefe von neun Metern vorgefunden. Dieser wurde mittels insgesamt 1760 Eichenpfählen erreicht auf denen das Gebäude gegründet wurde. In späteren Jahren gab es häufiger Probleme mit dem feuchten Untergrund, dieser führte zu muffigem Geruch im Erdgeschoss. [2]
Im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss waren ab 1881 das Landgericht und die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht untergebracht. Im zweiten, edler gestalteten Obergeschoss (siehe Baubeschreibung) residierte das OLG und die Staatsanwaltschaft bei dem OLG. Dienstzimmer für Richter und Staatsanwälte gab es nicht, da diese zu Hause arbeiteten. Bedingt durch den allgemeinen Aufschwung Ende des 19. Jahrhunderts gab es ab 1906 eine Raumnot. Infolge dieser verließ 1912 das OLG das Gebäude Münzstraße 17. Nach dem Ersten WK war eine Erweiterung des Justizgebäudes zwingend notwendig, sodass das Gebäude an der Münzstraße 16 erworben wurde und mittels eines Durchbruchs mit dem Gebäude Münzstraße 17 verbunden wurde. 1944 wurde das Gebäude Münzstraße 16 völlig zerstört. Hingegen kam das ursprüngliche Gebäude Münzstraße 17 des Landgerichts mit schweren Spreng- und Bombenschäden davon. Unter anderem wurde die ehemals prunkvolle Eingangshalle größtenteils zerstört. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurde das Gebäude Münzstraße 17 mit den geringen vorhandenen finanziellen Mitteln in nicht so prunkvoller Art und Weise wieder aufgebaut. So wurde beispielsweise die “Decorirung” weitesgehend weggelassen. Da das Gebäude Münzstraße 16 nicht wieder aufgebaut wurde, war eine wieder eintretende Raumnot die logische Konsequenz. Letzendlich wurde ein Neubau im westlichen Bereichs des Grundstücks Münzstraße 17 errichtet. Im Laufe der Jahre setzte der Verfall des ursprüngliche Gebäudes fort. Im Jahre 1992 wurde eine Generalsanierung wegen fehlender finanzieller Mittel abgelehnt. Zwei Jahre später begann schließlich doch die Generalsanierung. Jedoch während der Gerichtsbetrieb im Gebäude aufrecht erhalten wurde. Die 2001 fertiggestellte Sanierung, bei welcher u.a. die Dachdeckung erneuert wurde und die Außenfassade gereinigt wurde, benötigte jährlich ca. 2.000.000 DM.
Einordnung in das zeitgenössische Bauen/Konstruieren
Ursprünglich sollte ein noch aufwendigerer Bau am Hagenmarkt entstehen. Der damalige Braunschweiger Justizminister Trieps musste diesen Bau gegen Angriffe von Abgeordneten der Landesversammlung verteidigen, die einen so aufwendigen und teuren Bau für ein Justizgebäude für nicht notwendig hielten. Schlussendlich wurde das Gebäude errichtet, weil die allgemeine Auffassung war, dass die damals in ihrer Wichtigkeit zunehmende Justiz auch in einem ihrer Stellung angemessenen Gebäude untergebracht werden sollte. Die Erbauung von monumental anwirkenden Justizgebäuden war in der Zeit um 1900 keine Seltenheit.
Quellen
- [1]: https://www.landgericht-braunschweig.niedersachsen.de/assets/image/988/148200; 07.04.2018
- [2]: Zur Baugeschichte des Landgerichts; https://www.landgericht-braunschweig.niedersachsen.de/wir_ueber_uns/baugeschichte/68806.html; 07.04.2018
- Arnhold & Kotyrba: Architektur im Kaiserreich Braunschweig 1871-1918,1. Aufl., Kotyrba, Sándor, Braunschweig, 2013
- Harold Hammer-Schenk und Dieter Lange Alte Stadt – Moderne Zeiten Eine Fotodokumentation zum 19. und 20. Jahrhundert,1. Aufl., Eigenverlag, Braunschweig, 1985
- Ulrich H. Mey und Christian Streibel Braunschweig Architekturführer, Braunschweig 1986