Wilhelm-Gymnasium Braunschweig
Wilhelm-Gymnasium Braunschweig
1 Allgemeine Daten & Fakten Standort Leonhardstraße 63 38102 Braunschweig Baunutzung Schule Baujahr 1883-1885, 1959-1962 Baustil hannoverischere Schule mit Wilhelminischen und neugotischen Einflüssen Architekt Baurat Ernst Wiehe Bauleitung Baurat Wiehe, Kreisbauinspektor Krahe, Herzoglicher Regierungsbaumeister Gittermann Bauherr Stadt Braunschweig, Herzogliche Baudirektion Baukosten 584.000 Mark (Altbauten 1885) 420.000 Mark (Sporthalle 1960) 915.000 Mark (Anbau 1962) Konstruktion Altbau: Ziegelbau - Backsteinrohbau mit Klinkerverblen�dung, vereinzelte Stahlstützen Neubau: Gebäudetyp Schule - öffentlicher Bau Baumaterial Altbau: Backstein, Klinker, Beton, Stahlstützen, Estrich, Holz, Blei, Glas, Feinsteinzeug, Putz, Muschel�kalk(=Elmkalk), Ziegel, Granit, Eisen Neubauten: Klinker, Hochlochziegel, Stahlbeton, Estrich, Feinsteinzeug, Aluminium, Glas, Bitumen, Putz, Däm�mung Denkmal ja1 1 www.denkmalatlas.niedersachsen.de Abbildung 2- Lage Google Maps Abbildung 1 - Nordseite des WG – 2 – 2 Sichtbare Baubeschreibung Das in der Leonhardstraße 63 gelegene Wilhelm-Gymnasium zieht die Aufmerksamkeit von vorbeilaufenden Passanten sofort auf sich. Nicht nur die gelb-braune Farbgebung des Mauerwerks, sondern auch die Mächtigkeit der Gebäudegröße, welche unterstrichen wird durch die Absenz von direkter Nachbarbebauung, sorgen dafür, dass das Gymnasi�um mit seinen drei Obergeschossen sich von den restlichen Bebauungen in der Leon�hardstraße abgrenzt. Das Wilhelm-Gymnasium besteht aus 3 Teilen: einem 4-geschossigen Altbau von 1885 und einem 2-geschossigen Anbau und einer Sporthalle, beide aus den 1960er Jahren. Das Hauptgebäude, oder auch hier auch Altbau genannt, besteht aus einem Backstein�rohbau mit Ziegelverband. Die Gesimse wurden aus Sandsteinquadern hergestellt. Die Fensterinnenrahmungen, die Friese, die Hauptgesims weisen eine eher dunkelbrau�ne Farbgebung auf, welche mit der rötlich-braunen Farbe des Sandsteins zusammen gut imponiert. Der Sockel besteht aus dem heimischen Elmkalkstein. Das Verblendmauer�werk wirkt insgesamt sehr stimmig und vollkommen, wenn man bedenkt, dass hunderte von verschiedenen Steinformen eingesetzt wurden. Besonders sind die Fensterformen hervorzuheben, welche durch ihre Maßwerkgestaltung stark an die gotische Architektur erinnern.23 Im Mittelbau des Altgebäudes sind im Erdgeschoss mehrere Rundbogenfenster mit Oberlichtern ausgestattet, welche kreisförmige und spitzbogenförmige Akzente enthal�ten. Diese große Fensterfläche sorgt für eine natürliche, harmonische Beleuchtung der Eingangshalle, welche an der Leonhardstraße liegt. Das restliche Erdgeschoss der Stra�ßenseite ist mit angedachten Spitzbogenfenstern versehen. Zusammen mit den großflä�chigen Fenstern im Erdgeschoss, erinnern, die sich über das erste und zweite Oberge�schoss ragenden neugotischen Spitzbogenfenster eher an eine Kirche als an eine Schule. Dieser Ausdruck wird durch die eher einfach gehaltenen Fensterrosen in den Oberlich�tern sowie das Hervorstehen des Mittelbaus unterstrichen. Durch die abwechselnden Töne der Backsteinfarben kommen besonders die Mauerwerksbögen der Fenster sehr zu Geltung. 2 www.fenster24.de 3 www.robert.cyty.com – 3 – Das erste und zweite Obergeschoss, ausgenommen der Mittelbau, sowie alle anderen Gebäudeseiten und Geschosswerke sind durch einheitliche Stichbogenfenster ausgestat�tet.4 Das System mit der Backsteinverblendung sowie dem Zusammenspiel der unterschied�lichen Farbtöne und Formen spielt sich auf allen Gebäudeseiten wieder. Die Gebäudefront, welche an der Straße liegt, kann durch ihre nördliche Lage einen über den ganzen Tag ähnlichen Lichteinfall verzeichnen.56 Durch die großen Fensterflächen auf der Nordseite werden die Eingangshalle sowie die Aula, die in den oberen zwei Stockwerken über der Eingangshalle liegt, mit viel natürli�chem Licht versorgt, welches im Zusammenspiel mit den hohen Decken, die Atmosphä�re der Räume sehr behaglich macht. Auf der Südseite des Gebäudes befindet sich der Pausenhof, welcher ca. 40-50 % der Gesamtgrundstückfläche einnimmt. Der Pausenhof hat im Westen eine ca. 70 m lange Uferseite zu der Oker, im Ost wird es durch die An�bauten begrenzt und im Süden durch eine Grundstücksgrenze. Im Westen hat das Alt�gebäude einen kleinen eingeschossigen Anbau, welcher früher als Toilettentrakt benutzt wurde. Heute ist dieser augenscheinlich ein Lager bzw. Stellkammer für Gartenwerk�zeuge und Spielgeräte. Der zweigeschossige Anbau aus der 1960er Jahren befindet sich im Osten. Das Gebäude liegt im Längsverlauf nach Osten gesehen an der Adolfstraße. Die Ostseite des Anbaus ist gekennzeichnet durch eine Lochfensterfassade, welche in Weiß gehalten wurde. Die nördlichen und südlichen Ausufern des Gebäudes sowie die zum Pausenhof liegende Westseite sind durch ein Verblendmauerwerk gekennzeichnet, welches eine gelb-orange Färbung aufweist. Die ebenfalls aus 1960er Jahren stammen�de Sporthalle liegt auch an der Adolfstraße und weist, ausgenommen ein Teil der Nord�seite, gänzlich ein Verblendmauerwerk auf. Im Norden ist die Sporthalle an den vorab beschrieben Gebäude angebaut, der Pausenhof grenzt im Westen an und im Süden wird es die Feuerwehreinfahrt begrenzt. Alle drei Gebäude sind im Kellergeschoss miteinan�der verbunden, auch wenn die Sporthalle und Altgebäude keine direkte Bebauung auf�weisen. Besonders hervorzuheben sind die Eingangshalle sowie die Aula des Altgebäudes, wel�che aufgrund ihrer Form und Gestaltung als zum Teil kennzeichnend für die damalige 4 www.energie-experten.org 5 www.bosy-online.de 6 www.de-academic.com – 4 – Abbildung 3 – EG-Grundriss mit Schraffur Architektur gelten. Eine nähere Beschreibung der Räume wird aufgrund von Plausibili�tät im Punkt 2.1 weitergeführt. 2.1 Konstruktive Baubeschreibung Der Schulbau aus dem Jahr 1885 hat laut den originalen Grundrissen eine Länge von 61.44 m, eine Breite von 18,08 m bzw. 24,18 m im Mittelbau. Das Gebäude wird durch einen vier Meter breiten Flur über alle Stockwerke hin in einen Süd -und einem Nordteil unterteilt. An den Ost -und Westseiten befinden sich die Treppenhäuser, die vom Kel�lergeschoss bis zum zweiten Obergeschoss reichen. Im ersten Obergeschoss wird der Flur durch das Lehrerzimmer, welches einen direkten Zugang zur Aula hat, unterbro�chen. Das gesamte Erdgeschoss ist unterkellert, mit Ausnahme der Eingangshalle. Das gesamte Gebäude ist in Backsteinrohbau mit Klinkerverblendung errichtet worden. Die Balkendecken sind auf Eisenträgern abgefangen. Die Eisenträger an den Wänden haben eine U-Form, während der der mittlere Träger ein doppel-T Profil hat. Der Dach�stuhl wird laut dem Architekturhistoriker Elmar Arnhold wahrscheinlich ein Pfetten�dach mit zweifach stehendem Stuhl und einer Firstpfette sein. Diese Einschätzung hat Herr Arnhold nur anhand von Bildern vom Dachstuhl weitergegeben. Grün 56cm Tragend Orange 69cm Tragend Rot 118cm Tragend Lila 38cm Nicht tragend Blau 25cm Nicht tragend rosa 77cm Tragend Stützen (Halle) Durchmesser über die Länge unterschiedlich, ca. 20cm Durchmesser Tragend Tabelle 1 – Mauerwerksmaße Altbau – 5 – Die Dachform lässt sich in die Kategorie des Walm-Kehldach einordnen und hat ein Flachdachpodest, welches in letzten Jahren zeitgleich mit der Installation einer neuen Heizung- bzw. Lüftungsanlage ausgeprägt wurde.7 (siehe Abbildung 2) Die 15x30 Meter große Sporthalle von 1960 hat auf ihrer Südseite selbst noch einen kleinen Anbau zur Lagerung von Sportgeräten. Im Nordost der Sporthalle hat man vor dem Bau des naturwissenschaftlichen Traktes ein Treppenhaus mitgeplant, für den spä�teren Zusammenschluss. Die Konstruktion der Sporthalle selbst stellt sich als Stahlbeton-Skelettbau mit Mauer�werksausfachungen dar. Die Fundamte sind wie beim naturwissenschaftlichen aus Stahlbeton gebaut. In den oberen Hälften der Nord - und Südseite ist eine Sprossenkon�struktion zu erkennen. Unterhalb der Sprossenkonstruktion der Nordseite wurde mit Sichtbetonplatten gearbeitet. Die Sporthalle hat ein Flachdach mit betonter Attika erhal�ten.89 Der zwei Jahre später erbaute naturwissenschaftliche Trakt hat die ungefähren Maße von 44x10 m und schließt die Lücke zwischen der Sporthalle und dem Altbau vollstän�dig. Ebenso wie die Turnhalle wurde der Zwischentrakt als Stahlbeton-Skelettbau mit Mauerwerksausfachungen gebaut. Für die Ausfachung wurden Hochlochziegel verwen�det. Die Ostseite ist versehen mit einer sehr engen Lochfensterfassade. wwww.leopard.tu-braunschweig.de 8 www.baunetzwissen.de 9 www.forum-verlag.com Abbildung 4 - Sporthalle aus Nordwest & Südwest Ansicht – 6 – Die weiß angestrichenen Sockel der beiden Stockwerke wurden in den letzten Jahren mit einer lokalen WDVS-Maßnahme thermisch ertüchtigt. Der Stahlbeton auf der Ost�seite ist weiß verputzt und als Sichtwerk ausgeprägt. Im Gegensatz dazu hat die West�seite nur ungefähr ein Drittel der Fensteranzahl wie die Ostseite, ferner kommt hinzu, dass West - und Nordseite mit Klinker verblendet sind. Der Zwischentrakt hat das glei�che Dachsystem wie die Turnhalle erhalten. Die Turnhalle sowie der naturwissenschaft�liche Trakt haben im Laufe der letzten Modernisierungsmaßnahmen Wärmeschutzver�glasung sowie Feuerschutztüren erhalten. 2.2 Bau- und Nutzungsgeschichte Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hat in Europa ein regelrechter demografischer Boom stattgefunden, vor allem aufgrund steigender Geburtenraten und sinkender Sterblich�keitsraten. Als Gründe dafür können allgemein die bessere medizinische Versorgung, die industrielle Revolution oder auch die Agrarrevolution genannt werden. Immer mehr Menschen ziehen in die Städte und der ländliche stadtnahe Raum wird zu�nehmen urbanisiert und es entstehen Ballungsräume, die sich nach und nach in die Großstädte eingliedern. Mit Zahlen aus den damaligen Bevölkerungszählungen kann man sehr gut veranschaulichen, dass die Verantwortlichen in den Behörden vor sehr großen Aufgaben standen, die es zu überwältigen gibt. Abbildung 5 - Zwischentrakt Ost, Nordost & West Ansicht – 7 – Mit dem Anstieg der Einwohnerzahl stieg auch der Bedarf nach mehr Schulplätzen. Nachdem mehrere Schulen von einer nicht mehr tragbaren Schüleranzahl gewarnt hat�ten und die Sorge an das Staatsministerium weitergeleitet worden war, bewilligte die Landesversammlung nach einem Antrag des Staatsministeriums im März 1882 die Be�willigung zum Bau eines neuen humanistischen Gymnasiums. Nachdem die Stadt das Grundstück von dem Kaufmann Bierbaum abgekauft hatte, konnte man am 15. Juni 1883 mit den Erdarbeiten beginnen. Da das Grundstück auf einem alten Glacis lag, musste eine enorme Menge an Erde zum Ausgleich herangezogen werden. Laut mehre�ren historischen Quellen waren 5000 Fuder Erdboden nötig, um das ganze Grundstück auf ein Niveau zu bringen. Dies entspricht in heutigen Massen etwa 2750 Tonnen Er�de.10111213 Auf dem Grundstück wurden neben dem Schulgebäude noch eine Turnhalle, ein Wohn�haus für den Direktor sowie ein Abortgebäude (Toilettenhaus) errichtet. Das Schulge�bäude liegt nördlich an der Leonhardstraße, das Abortgebäude schließt im Westen mit einer kleinen Überdachung an und liegt ebenso an der Leonhardstraße. Im Osten lag das freistehende zweigeschossige Wohnhaus des Direktors. Ebenso freistehend im Südosten lag die 24 m lange, 12 m breite und 7,5 m hohe Turnhalle mit ihrem kleinen Anbau. Alle Bauten: das Schulgebäude, Turnhalle, Direktorenhaus und „Abortgebäude“ wurden vollständig als Backsteinrohbau verwirklicht. Eine Ziegelverblendung und die Ausfüh�rung der Gesimse mit Sandsteinquadern kamen bei allen Gebäuden zum Einsatz.45 10 www.mittelalter-lexikon.de 11 www.blog.histofakt.de 12 www.wilhelm-gym.de 13 www.leopard.tu-braunschweig.de Jahr Einwohnzahl Differenz 1831 34 589 1861 42 209 +7620 (+22%) 1890 101 047 +58838 (+139,4%) Tabelle 2- Einwohnerzahlen Braunschweig – 8 – Abbildung 6 - Historische Lageskizzierung Die Schule war am 15. Oktober 1885 fertiggestellt. Zunächst wurde die Schule unter dem Namen „Herzoglichen Neuen Gymnasiums“ am 26.10.1885 eingeweiht. Im Jahr 1903 wurde zu Ehren Herzog Wilhelm zu Braunschweig und Lüneburg in Herzogliches Wilhelm-Gymnasium unbenannt.14 2.2.1 Besonderheiten des Schulgebäudes Die repräsentative Eingangshalle des Wilhelm-Gymnasiums ist, nachdem französi�schem Vorbild einer „Erholungshalle“ gebaut worden. Die denkmalgeschützte Halle ist geprägt durch ihre Kreuzgewölbedecke, welche auf Eisensäulen bzw. gemauerten Pfei�lern ruhen. Die Wände und Deckflächen sind weiß verputzt. Die Geometrie der Kreuz�gewölbedecke erinnert stark an die Gestaltung eines Remters. Die Pfeiler sind mit Ver�blendsteinen hergestellt und haben eine natürliche Farbe. 14Abbildung Richard Moderhack: Braunschweiger Stadtgeschichte. Braunschweig 1997 7 , S. 187. - Eingangshalle – 9 – Über der Eingangshalle liegt die zweigeschosshohe Aula. Die Bühne sowie die Orgel stehen, welche noch original aus dem Jahr 1910 stammt, im Osten des Raumes.15 Die Aula verfügt über mehr als 6m hohe, teilweise farbig verglaste Maßwerksfenster. Der Raum ist 23,4 m lang, 11,71 m breit und 9,50 m hoch. Außerdem ist eine Holzkasset�tendecke eingekleidet, welche ihre natürliche Farbe beibehalten hat. 1617 2.2.2 Kriegsschäden und Neubau Am 23.04.1944 kam es um 1:16 Uhr nachts zu schwerem Angriff durch die Royal Air Force (RAF), welche einige Stadtteile Braunschweigs stark beschädigt hat. Hunderte von Gebäude waren, nachdem Angriff nicht mehr brauchbar und es gab 44 Tote.18 Laut alten Bildern und historischen Beschreibungen sind eine oder mehrere Bomben zwischen dem Bereich des Ostflügels des Schulgebäudes und der Nordseite des Direk�torenhauses eingeschlagen. Weitere Einschläge sind nicht ausschließbar. 15 www.orgelfayfe.de 16 www.ornamentschnitzer.de Abbildung 8 - Aula – 10 – Durch diese enormen Beschädigungen an beiden Gebäuden entschloss man sich diese nicht wieder aufzubauen bzw. zu reparieren, stattdessen wurden diese in den Nach�kriegsjahren abgerissen. Erst 15 Jahre später fing man mit dem Bau einer neuen Turn�halle an, deren Einweihung am 07. März 1960 stattfand. Die Turnhalle wurde an ungefähr dem damaligen Standort neu gebaut, lediglich die Längsseite ist nicht mehr parallel zur Adolfstraße, sondern richtet sich in den Pausenhof hinein.19 Auf den weiteren Bevölkerungszuwachs sowie den Mangel an neuen Schul�plätzen reagierte man schnell und baute weiter. Nach zweijähriger Bauzeit wurde der neue naturwissenschaftliche Trakt eingeweiht. 17 www.leopard.tu-braunschweig.de 18 www.bunker.amaot.info 19 Braunschweiger Presse vom 5/6. März. 1960 Abbildung 10 - Blick aus WG auf das Direktorenhaus & Turnhalle Abbildung 12 - Blick von der Adolf-Leonard Kreuzung Abbildung 11 - Ostflügel des WG Abbildung 9 -Osttreppe – 11 – Der dreistöckige Trakt verbindet die Ostseite des Altbaus mit der Nordseite der Turn�halle und schließt somit die Lücke zwischen beiden bestehenden Gebäuden. Nun ist ein Durchgang vom Altgebäude bis zur Turnhalle im geschlossenen Raum möglich. Beson�ders schwierig stellten sich die großen Geschosshöhenunterschiede dar. Man verlagerte die Zentralheizung vom westlichen Kellerflügel des Altbaus in die neue zusammenhän�gende Ostseite. 2021 20 Braunschweiger Zeitung vom 17. Oktober 1962 21 Braunschweiger Presse vom 20/21. Oktober 1962 – 12 – 3 Einordung des Bauwerks Ab der Mitte des 19. Jahrhundert kam in Europa die Epoche des Historismus, welcher sich bis ungefähr um die Jahrhundertwende gehalten hat. Kennzeichnend für den Histo�rismus war die Vorherrschaft des Stilpluralismus. Im Historismus gab es keinen einheit�lichen Architekturstil, sondern man orientierte sich an frühere Architekturepochen und lies eigene moderne Akzente miteinfließen, sodass Neostile entstanden. Einige Beispie�le waren Neobarock, Neoromanik, Neugotik, Neorenaissance etc. Des Weiteren gab es lokale und mit gesellschaftlichen Einflüssen einhergehende Stile, welche teilweise ver�mischt wurden. Das alte Schulgebäude kann gut mit Stil der hannoverischeren Schule mit wilhelminischen Einflüssen beschreiben. Typische für die Hannoversche Architek�turschule, welche auf den Architekten Conrad Wilhelm Hase und seinen Schülern zu�rückgeht, waren die Ziegelrohbaufassaden mit Backsteinziersetzungen, Verzicht auf Außenputz, Einsatz von Deutschen Bändern als Zierelemente und die Verwendung von heimischen Baumaterialien wie Ziegel und Sandstein. All diese Elemente treffen auf den Altbau zu und im Vergleich mit den zahlreichen von Hase entworfenen Gebäude, erkennt man eine sehr starke Ähnlichkeit. Des Weiteren sind am Gebäude wilhelmini�sche Einflüsse zu erkennen. Diese wären z.B. der Prunk von öffentlichen Gebäuden, die Technikbegeisterung und das Zusammenführen von Jugendstill und Renais�sance.222324252627 Die Turnhalle und der naturwissenschaftliche Trakt aus den 1960er Jahren entsprechen im Großen und Ganzen dem Zeitgeist der damaligen Architektur sowie Umstände. Durch den Materialmangel und Bauzeitdruck wurden neue Akzente gesetzt. Stahlbeton und Flachdächer kamen immer mehr bei öffentlichen Gebäuden zur Anwendung. Die Außenwanddicken wurden kleiner, Wärmeschutz wurde vernachlässigt, Rasterfassaden kamen oft zum Einsatz, der Raumzuschnitt wurde großzügig ausgeführt, welcher auf Wunsch später mit einer Trennwand beliebig variabel war. 22 www.de-academic.com 23 www.dieimmobilienbesichtiger.com 24 www.wiki-data.de 25 www.studysmarter.de 26 www.malerblatt.de 27 www.klinkerkultur.deß – 13 – Wände werden meist nur noch mit Stahlbeton oder Hochlochziegeln ausgeführt, sodass Vollziegel seltener zum Einsatz kommen. Hinzu kommt, dass Flachdächer immer be�liebter wurden, diese wurden mit Betonfertigteilen und einer bituminösen Abdichtung ausgeführt.282930 In den ersten Nachkriegsjahrzehnten wollte man viel und das auch möglichst schnell bauen. Durch die Zerstörungen des Krieges war teilweise viel Platz in den innerstädti�schen Bereich verfügbar, aber durch die Materialknappheit hat man jedoch einen Ver�zögerungsfaktor. Es wurde auch an vielen Ecken und Kanten spart, sodass die Sanie�rung von den Gebäuden aus 1950 – 1970 Jahren sich heute als sehr notwendig darstellt. Auch im Bezug zur Energiekrise wird die Sanierung und energetische Ertüchtigung dieser Gebäude eine große Rolle spielen, da die meisten Gebäude wenig bis keinen Wärmeschutz haben. 28 www.degruyter.com 29 www.baunetzwissen.de 30 www.goethe.de – 14 – Literaturverzeichnis Alliierte Luftangriffe auf Braunschweig (ohne Datum) bunker.amaot. Verfügbar unter: http://bunker.amaot.info/bunker20.htm (Zugegriffen: 21. März 2023). Aufbau und Konstruktion klassischer Stichbogenfenster (2021) energie-experten. Ver�fügbar unter: https://www.energie-experten.org/bauen-und�sanieren/fenster/fensterarten/stichbogenfenster (Zugegriffen: 17. März 2023). Baualtersstufe der 60er Jahre (ohne Datum) baunetzwissen. Verfügbar unter: https://www.baunetzwissen.de/altbau/fachwissen/baualtersstufen/baualtersstufe-der�60er-jahre-148200 (Zugegriffen: 25. März 2023). 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Stadtarchiv, Braunschweig (1944a) Blick aus WG auf das Direktorenhaus & Turnhalle. Leonhardstraße 63, 38100 Braunschweig. Stadtarchiv, Braunschweig (1944b) Blick von der Adolf-Leonard Kreuzung. Leon�hardstraße 63, 38100 Braunschweig. Stadtarchiv, Brausnchweig (1944) Ostflügel des WG. Leonhardstraße 63, 38100 Braun�schweig. Stadtarchiv, Braunschweig (1944c) Osttreppe/Adolfstraße. Leonhardstraße 63, 38100 Braunschweig. Wilhelminischer Stil (ohne Datum) de-academic. Verfügbar unter: https://de�academic.com/dic.nsf/dewiki/1512507 (Zugegriffen: 28. März 2023). Wilk, D. J. (2022) Bakcsteinrohbau, klinkerkultur. Verfügbar unter: https://www.klinkerkultur.de/backsteinrohbau/ (Zugegriffen: 5. März 2023). – 17 – Die Abbildungen 4, 5, 7 und 8 wurden von mir selbst aufgenommen. Die Abbildungen 2, 3 und 6 sind Screenshots. Die Tabellen 1 und 2 habe ich selbst erstellt. Die Abbildungen 9, 10, 11 und 12 sind originale Bilder aus dem Stadtarchiv, welche ich abfotografiert haben. Die Abbildungen 1 und 2 stammen von der Website der bow ingenieure braunschweig. – 18 – Anhang • Die Zeitungsartikel • Fotografie Erlaubnis für das Schulgebäude • Zustimmung von bow-ingenieure gmbh