Bankhaus Löbbecke

Aus Bauwissen


Bankhaus Löbbecke

Datei:Front.JPG
Bankhaus Löbbecke, 2018
Standort 52°15'46.584"N 10°30'56.267"E

52.26294, 10.51563 [1]

Städtebauliche Einordnung Stadtkern, Dienstleistungsgewerbe
Bauaufgabe Neubau für das Bankhaus
Baujahr 1892
Baukosten 136 300 M, heute (nach Kaufkraftumrechnung): rund 880 000 € [2]
Epoche Historismus, Fassade: Neorenaissance
Architekt Prof. Constantin Uhde
Bauherr Arthur & Alfred Löbbecke
Nutzung Privatbank
Konstruktion Massivbau, Tresorraum mit Stahl verstärkt
Gebäudetyp privates Bankgebäude
Fassadengestaltung Werksteine, Eckquader, Erker, Eckloggia mit Portal, Gesimsgliederung, Pilaster und mit Voluten besetzte Giebel

Baubeschreibung

Das Bankhaus Löbbecke steht an der Martinikirche im westlichen Bereich der Braunschweiger Altstadt. Es hat drei Geschosse und einen ausgebauten Keller. Die Mauerstärke im Keller beträgt Einen Meter, im Erdgeschoss nicht weniger als 80 Zentimeter. Als Material wurde hauptsächlich Sandstein vom Hils, einem Mittelgebirge in Niedersachsen, verwendet. Die Decken über Keller und Erdgeschoss sind als Betongewölbe und über dem 1. Obergeschoss als Ziegelgewölbe ausgeführt. Bei der Planung und Ausführung wurde zudem auf eine hohe "Feuersicherheit" (heute: Brandschutz) Wert gelegt. Die Gewölbelager sind massiv und aus Stein. Temperaturdehnung und Festigkeitsverlust wie bei Eisen sollten im Brandfall vermieden werden. Auf Holzmobiliar und die Verwendung von Gas wurde gänzlich verzichtet. Ziel war es, dem Kunden und seinen Wertpapieren maximale Sicherheit zu bieten.

Datei:BankhausL Stahlkammer.jpg
Die Stahlkammer im Schnitt
  • Stahlkammer
Besonderes Augenmerk gilt der Schließfachanlage, auch "Stahlkammer", die sich im Kellergeschoss befindet. Hierbei handelt es sich um einen ca. 30 qm großen, 2,20m hohen, massiv verstärkten Raum. Dieser ist in erster Lage von Stahlschienen und in zweiter Lage von Diabas-Mauerwerk mit Zementverguss umgeben. Diabas ist ein Werkstoff härter als Stahl. Daher war eine Bearbeitung mit herkömmlichen Stahlwerkzeugen nicht möglich und die umgebende Wand wurde als Bruchstein-Mauerwerk ausgeführt. Das daraus resultierende, unregelmäßige Fugenbild sollte jeden Bohrversuch im Ansatz verhindern. Der Raum wird durch eine Wand aus Doppel-T-Trägern geteilt und diente der Aufbewahrung von Schließfächern und Safes. Im Zuge der Erweiterung der Geschäftsräume 1922 wurden auch die Sicherheitssysteme erneuert.
  • Fassade
Bei der Fassadengestaltung bedient sich Prof. C. Uhde an Elementen der Weserrenaissance aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Folgend sind einige dieser Elemente näher beschrieben. Der Eingang wird durch zwei ornamentierte Rundbogenportale an der der Süd-West-Ecke gebildet. Ein Fries mit Büsten der Firmenin- & teilhaber ziert zwischen Erdgeschoss und 1. Obergeschoss die Hauptfront. Direkt darüber befindet sich ein zweigeschossiger Erker, den ein Obelisk abschießt. Gebälk und Pilaster gliedern den durch Voluten (geschwungene Elemente) abgeschlossen Giebel horizontal und vertikal. Besonders auffällig sind je eine Figur zur Dampfkraft und zur Elektrizität, die auf den Giebelstufen angeordnet sind. Eine Sonnenuhr im oberen Giebelrechteck wird wiederum von Obelisken umgeben.

Bau- und Nutzungsgeschichte

Während der Bauarbeiten 1892 wurden massive Bauteile freigelegt, die bis in das 15. Jahrhundert datiert werden können. Diese Fachwerkteile lassen auf eine lange historische Wohnbebauung schießen, nicht zuletzt da Braunschweig aus dem inneren Okerring durch die Verbindung der einzelnen Weichbilder der Altstadt (hier: St. Martini) gewachsen ist. 1763 erwarben Johann Hermann und Johann Melchior Löbbecke das Haus an der Martinikirche 4. Zwei Jahre zuvor hatten sie bereits den Warenhandel "Gebrüder Löbbecke & Co." in Iserloh (Nähe Dortmund) gegründet. Mit der Zweigniederlassung in Braunschweig folgte die Expansion in Richtung Osten. Der Geschäftsführer stammte, wie auch später, immer aus der Familie Löbbecke. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Warenhandel immer mehr durch den wachsenden Kapitalbedarf verdrängt und es entstand das "Bankhaus Gebrüder Löbbecke & Co" in Braunschweig.

  • Abriss & Neubau

Mit stetiger Expansion der Geld- und Wertpapiergeschäfte fassten die Brüder Arthur & Alfred Löbbecke, die damaligen Geschäftsführer, Ende des 19. Jahrhunderts den Entschluss, das Bankhaus abzureißen und den neuen Anforderungen gerecht zu bauen. Der Abriss sowie der Neubau erfolgten von 1892-1893. Entwurf und Oberaufsicht erfolgten durch Prof. Constantin Uhde, der auch die Villa Löbbecke sowie weitere Braunschweiger Bauten erfolgreich geplant und gebaut hat. 1922, im Krisenjahr der Inflation, wuchs mit steigender Entwertung des Bargeldes auch der Bedarf an Raum um dieses sicher unterzubringen. So erfolgte eine Erweiterung um ein Tresorgewölbe sowie der Ausbau der Geschäftsräume in Keller und Erdgeschoss. Bis zum Tag der Währungsstabilisierung im Herbst 1923 musste das Bargeld teilweise in Schubkarren transportiert werden. Zum Höchststand der Hyperinflation betrug der Wechselkurs Dollar zu (Papier-)Mark 1: 4,2 Billionen.

  • Kriegszerstörung & Wiederaufbau

In der Nacht vom 14. auf den 15. Oktober 1944 kam es nach einem alliierten Bomberangriff zu einem Großbrand, bei dem unter anderem auch das Gewandhaus und die Martinikirche beschädigt wurden. Das Bankhaus brannte zwar aus, bliebt aber aufgrund der massiven Bauweise weitestgehend verschont. Wider Erwarten blieben zwei Geschäftsräume im Erdgeschoss vor der Zerstörung verschont. Darunter auch das "Märchenzimmer", dass als Archiv- und Bibliotheksraum diente und Dokumente noch aus der Zeit der Gründung (17. Jahrhundert) sicher verwahrte. Der Wiederaufbau konnte 1948, noch vor der Währungsreform, beendet werden.

  • 20. Jahrhundert bis heute

Bis Anfang der 1980er Jahre wurde das Bankhaus weiterhin durch die Familie Löbbecke als Privatbank geführt. 1983 erfolgte die Veräußerung nach Konkurs und sinkender Nachfrage an dem Privatbankgeschäft. Nach wechselnden Gesellschaftern erfolgte 2003 die Übernahme durch die "M.M. Warburg & Co KGaA", eine große deutsche Privatbank. Das Bankhaus konnte weiterhin unter dem Namen "Bankhaus Löbbecke & Co" seiner Tätigkeit im Geld- und Wertpapiergeschäft nachgehen. Die ursprüngliche Funktion ist seit über 250 Jahren, allen Widrigkeiten zum Trotz, erhalten geblieben.


Einordnung in das zeitgenössische Bauen/Konstruieren

Die Epoche des Historismus ist durch Rückgriffe in ältere Stilrichtungen maßgeblich definiert. Durch eine Fassadengestaltung im Stil der Renaissance bzw. Weserrenaissance erreichte Prof. C. Uhde eine städtebaulich harmonische Einordnung.

"Der Rückgriff auf eine Formensprache deutscher Städte in der Frühneuzeit und das dem Fortschritt huldigende Figurenprogramm ist typisch für die Architektur von Bank- und Geschäftshäusern im Deutschen Kaiserreich" -Architektur im Kaiserreich - Braunschweig 1871-1918, Arnhold, E. / Kotyrba, S. ([2013]) S. 33


Quellen & Abbildungen